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Kurzfristige Erkrankung

Man sollte ja meinen, dass die Lokführer nun zufrieden sind und die üppige Gehaltserhöhung ihre Arbeitslust steigert. Die Bahnrealität lässt allerdings daran zweifeln. Am letzten Sonntag durften wir erleben, dass der Anschluss von der S 1 (Herrenberg nach Böblingen) an die S 60 (Böblingen-Renningen) scheiterte, weil die Bahn um 15.04 Uhr ausfiel. Warum? Es gab, so die Durchsage am Bahnsteig, eine „kurzfristige Erkrankung“. Was ist das? Ist der Bahnlenker zu spät vom Mittagsschlaf erwacht? Hatte er einen allergischen Hustenanfall – kein Wunder bei der Wärme – oder sich beim Schälen eines Apfels in den Finger geschnitten? Vielleicht aber war es auch etwas Schlimmes: ein Herzinfarkt zum Beispiel. Da könnten wir ja froh sein, denn derlei Attacken während der Fahrt wären ziemlich bedrohlich. Was einen aber schon wundert: Gibt es bei der Bahn keinen Bereitschaftsdienst, der bei solchen kurzfristigen Erkrankungen einspringt. Offenbar nicht. Wahrscheinlich muss die Bahn nach der Tariferhöhung kräftig sparen. Dafür eignet sich der Verzicht auf eine personelle Notreserve vorzüglich.

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Denkender Gewerkschaftler

Da muss ich wohl mit einer Trigger-Warnung beginnen: Dieser Text enthält Formulierungen, von denen sich Personen getroffen fühlen könnten. Auch der Eindruck, dass eine ganzer Landstrich kritisch betrachtet wird, ist nicht auszuschließen. In der heutigen Zeitung steht, dass der Gewerkschaftler W. gestern gesagt habe, ihm sei ein Denkfehler unterlaufen. Er habe gedacht, im Kompromissvorschlag der Vermittler im Bahnstreik stehe etwas, was ihm nicht gefällt und ihn berechtigt, die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn abzubrechen. Nun lernt man schon in der Schule: Nicht was man sich denkt, steht in einem Text, sondern was die Sätze zum Ausdruck bringen. Es handelt sich bei W.s „Fauxpas“ also nicht um einen Denk-, sondern um einen Lesefehler. Da der den Grund für die sadistischen Streiks der GDL liefert, stellt sich die Grundsatzfrage: Kann der Mann überhaupt lesen? Eigentlich waren die Schulen, in denen er das Lesen gelernt hat, so gut, dass sie den Kindern das Lesen beibringen konnten. Hat W. zu oft im Unterricht gefehlt? Nun gibt es bekanntlich einen Zusammenhang zwischen dem Lesen und dem Denken. Wer das eine nicht beherrscht, hat mit dem anderen Probleme. Was denkt sich der Denker W, eigentlich, wenn er das Ziel verkündet, die Bahn zu ruinieren, indem er ihre Kunden verärgert? Ich denke, er ist ein Egomane, der sich ein „Denkmal“ setzen will als Zerstörer des Bahnverkehrs. Damit versetzt er auch denen einen Schlag, die des Klimawandels wegen auf den Schienenverkehr umsteigen wollen. Aber dort, wo W. zu Hause ist, denkt man mehrheitlich anders: Der Klimawandel ist für viele Menschen im Osten ein kapitalistisches Phantom, von dem sie sich nicht beeindrucken lassen. Bekanntlich sind dort auch jene in der Mehrheit, die den russischen Krieg in der Ukraine befürworten. Es ist schon bedrohlich, wenn derlei Gedanken in immer mehr Köpfen wuchern.

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Politik

Durchsichtiges Land

Während der Kanzler sich undurchsichtig gibt und seine Äußerungen von einem Hauch geheimnisvoller Hintergründigkeit umhüllt, isWährend der Kanzler sich undurchsichtig gibt und seine Äußerungen von einem Hauch geheimnisvoller Hintergründigkeit umhüllt, ist die Republik bei den wahren Geheimnissen ziemlich transparent. Dem größten Feldherrn aller Zeiten hinter den Mauern des Kremls serviert sie alles, was er wissen muss. Als anno 1962 der SPIEGEL das Geheimnis verriet, dass wir nur „bedingt abwehrbereit“ seien, kam dessen Chefredakteur Rudolf Augstein auf Betreiben des Verteidigungsministers Strauß (CSU) für einige Zeit ins Gefängnis. Nun ist es wieder so weit: Abermals sind wir nicht, nicht einmal „bedingt“, abwehrbereit, aber diesmal können es die Medien ungestraft publizieren. Einfacher kann man dem Imperialisten in Moskau nicht dazu ermuntern, seine militärischen Spezialaktionen für die Erweiterung des russischen Großreichs ungehemmt weiterzuführen. Herzlich gern lassen wir ihn auch teilhaben an den geheimen Gesprächen unserer militärischen Spitzenleute. Das kann kein Versehen sein. Das ist Teil einer klugen Strategie. Die besteht in „Ergebenheit“. Sie appelliert an die edlen Instinkte des Moskowiters: Schau doch, wie schwach wir sind. Wir wissen, dass wir keine Chance gegen dich haben. Du brauchst uns gar nicht anzugreifen. Wir legen die Waffen schon vorher nieder und erbitten deine Großmut gegenüber dem Schwächeren. Und die Frau, die dem BSW vorsteht, würde beflissen ergänzen: Es tut uns leid, dass wir Sanktionen gegen dich ergriffen haben. Wenn ich regiere, werden die abgeschafft und dann kaufen wir auch wieder dein Gas und dein Öl. Dein neues Imperium betrachten wir mit wachsender Bewunderung.t die Republik bei den wahren Geheimnissen ziemlich transparent. Dem größten Feldherrn aller Zeiten hinter den Mauern des Kremls serviert sie alles, was er wissen muss. Als anno 1962 der SPIEGEL das Geheimnis verriet, dass wir nur „bedingt abwehrbereit“ seien, kam dessen Chefredakteur Rudolf Augstein auf Betreiben des Verteidigungsministers Strauß (CSU) für einige Zeit ins Gefängnis. Nun ist es wieder so weit: Abermals sind wir nicht, nicht einmal „bedingt“, abwehrbereit, aber diesmal können es die Medien ungestraft publizieren. Einfacher kann man dem Imperialisten in Moskau nicht dazu ermuntern, seine militärischen Spezialaktionen für die Erweiterung des russischen Großreichs ungehemmt weiterzuführen. Herzlich gern lassen wir ihn auch teilhaben an den geheimen Gesprächen unserer militärischen Spitzenleute. Das kann kein Versehen sein. Das ist Teil einer klugen Strategie. Die besteht in „Ergebenheit“. Sie appelliert an die edlen Instinkte des Moskowiters: Schau doch, wie schwach wir sind. Wir wissen, dass wir keine Chance gegen dich haben. Du brauchst uns gar nicht anzugreifen. Wir legen die Waffen schon vorher nieder und erbitten deine Großmut gegenüber dem Schwächeren. Und die Frau, die dem BSW vorsteht, würde beflissen ergänzen: Es tut uns leid, dass wir Sanktionen gegen dich ergriffen haben. Wenn ich regiere, werden die abgeschafft und dann kaufen wir auch wieder dein Gas und dein Öl. Dein neues Imperium betrachten wir mit wachsender Bewunderung.