Kategorien
Politik

Schulunfrieden

Das hätten sie gerne, die Grün-Roten, dass keine Debatte mehr über das baden-württembergische Schulsystem geführt wird. Unter Hinweis auf Eltern, die angeblich unter dieser Debatte leiden, fordert die Regierung einen „Schulfrieden“.

Man muss ein wenig zurückdenken in die Zeit, da im Lande noch CDU und FDP regierten. Was sagten die damaligen Oppositionellen und jetzt Regierenden, also SPD und Grüne, über die Schulpolitik von Schwarz-Gelb? Wenig Nettes. Sie griffen sie an, sie beklagten die großen Versäumnisse, die mangelhafte Ausstattung, das Festhalten an veralteten Strukturen, der Dreigliedrigkeit zum Beispiel. Dabei hat Baden-Württemberg damals gut abgeschnitten bei den Schulvergleichen.

Nun also soll Frieden einkehren in die Diskussion. Die jetzige Opposition soll sich mit den Realitäten arrangieren, nämlich (1.) mit der Gemeinschaftsschule, zu der auch (2.) die Realschulen irgendwann mutieren sollen, und (3.) zum Zertrümmern des Gymnasiums durch den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung und dem Abbau von Stunden für die Förderung Schwächerer.

Die Gemeinschaftsschule ist ein Versprechen. In ihr werden, so die Verheißung, alle Kinder individuell gefördert und zu jedem beliebigen Abschluss gebracht. Ob das wirklich gelingt, das offenbart sich erst in fünf bzw. acht Jahren, wenn die Ersten den Realschulabschluss (den es dann so nicht mehr geben dürfte) bzw. das Abitur (dessen Anspruchsniveau bis 2021 deutlich gesunken sein wird) erreicht haben sollen.

Fünf bis acht Jahre Schulfrieden, stillschweigendes Hinnehmen eines Totalumbaus der Schulstruktur? Wer sich darauf einlässt, handelt fahrlässig. Die Eltern sollten nicht nach „Ruhe“ rufen, sondern das Geschehen munter mitdiskutierend begleiten.

Kategorien
Politik

Grün-Rot und die Junglehrer

Das Schiff der baden-württembergischen Schulpolitik ist in Seenot geraten. Die Kapitänin Warminski-Leitheußer versucht tapfer, den schlingernden Dampfer auf Kurs zu halten. Aber auf welchem? Die Stürme kommen aus wechselnden Richtungen. Da tut man sich schwer. Soll man beidrehen oder ankern, genügt es, Dampf abzulassen oder ist es gar schon Zeit, die Rettungsboote bereitzustellen?

Grün-Rot will im Schulbereich zu viel auf einmal, zuvörderst die Gemeinschaftsschule. Wenn sie gelingen soll, wird es teuer. Man braucht für sie mehr und anders ausgebildete Lehrer, mehr und andere Räume, neue Ideen, starkes Engagement, Mut, Geduld und Ungeduld. Was aber will man in Stuttgart statt dessen tun? Den Junglehrern das Gehalt kürzen. Die haben ein mehrjähriges Studium hinter sich und einen eineinhalbjährigen Vorbereitungsdienst, sind also 26, 27 Jahre alt, ehe sie einen „richtigen“ Arbeitsplatz bekommen und „normal“ Geld verdienen können. Hinzu kommt, dass sie in der Regel mit einem Teil-Lehrauftrag beginnen. Man braucht wenig Fantasie, um zu erkennen, dass diesen fast dreißig Jahre alten Menschen ein Netto-Einkommen bleibt, das weder für eine Familie noch für eine ordentliche Wohnung reicht.

Aber das Problem ist noch größer. Die meisten fertig ausgebildeten Junglehrer bekommen gar keine Stelle, denn sie werden zum Opfer des Schuldenabbaus in Gestalt des Abbaus von Lehrerstellen. Der „Abbau“ erfolgt nämlich nicht in der Weise, dass man Ältere entlässt, was gar nicht geht, sondern dass man keine Junglehrer einstellt.

Damit fehlen den Schulen, der Gemeinschaftsschule zumal, genau jene, die es mit ihren Ideen, ihrem Engagement, ihrem Mut und ihrer Ungeduld schaffen könnten, der neuen Schule zum Erfolg zu verhelfen.

Kategorien
Politik

Grün-Rot und die Jahresbilanz

Mit einem Glas Sekt feiert die Stuttgarter Regierung ihre einjährige Existenz. Prosit! In den Medien geht es ihr ausnehmend gut. Alle reden vom Erfolg dieser Koalition, von der Politik des Gehört-Werdens, den vorsichtigen Reformen, der guten Stimmung im Lande. Wen die Mediengötter umarmen, dem wird so gut wie nichts angekreidet. Alle loben und lieben den Ministerpräsidenten, er ist ja auch sympathisch, und der Verkehrsminister spielt die Rolle des Buhmanns, auch einen solchen braucht man schließlich, mit Bravour.

Nur eine wird kaum mit Hallelujas besungen: die Kultusministerin. Sie sei daher an dieser Stelle mit freundlichen Worten bedacht. Dass sie sich bei den G-9-Gymnasien zurückhält, verdient hohe Anerkennung. Die kosten mehr Geld als die achtjährigen, sind unnötig und gehen verantwortungslos mit der Zeit der jungen Menschen um. Augenzwinkernd sagt die Ministerin, man müsse die Sache erst ausprobieren. Mit 50 Jahren G-9-Erfahrung gibt sie sich nicht zufrieden.

Ihr Geniestreich ist die Gemeinschaftsschule. Das ist die eierlegende Wollmilchsau dieser Regierung; denn diese Schule kann alles, was alle anderen Schularten nicht können: in heterogenen Lerngruppen jedem Kind gerecht werden und jedes zu „seinem Abschluss“ führen. Das Lernrezept dieser Schulen wird schlau unter Verschluss gehalten. Jede darf machen, was sie will, sofern sie verspricht, was sie versprechen muss.

Eine Ministerin, die ein solches Kunststück vollbringt, hat höchstes Lob verdient. Hier ist es.