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Unklare Botschaft

Eines der landesweit eingesetzten Wahlplakate der Freien Wähler für die anstehende Kommunalwahl trägt die Botschaft: „Bildung wachsen lassen“. Darauf ist ein Schulkind zu sehen, das auf ein paar Büchern steht, damit es größer wird. Die abgebildeten Bücher sind allesamt nicht für diese Altersstufe geeignet. Aber des Kindes Bildung soll ja noch wachsen.

Das unterste Buch, das Fundament also des in seiner Bildung wachsenden Kindes, trägt den Titel „Franz Kafka – Werke“. Nicht Goethes oder Schillers Werke, nicht die von Kleist oder Mörike, kein Buch von Thomas Mann oder Hermann Hesse – nein, die Werke des Franz Kafka.

Warum haben die Werbestrategen der Freien Wähler ausgerechnet ihn genommen, diesen zwar leicht zu lesenden, aber schwer zu deutenden Schriftsteller? Diesen Autor, dem es wie kein Zweiter gelingt, das deprimierende Misslingen von Lebensentwürfen zu gestalten, der an seiner Familie, seinem Beruf, seinen Beziehungen so sehr gelitten hat? Er soll als Fundament wachsender Bildung taugen. Da habe ich meine Zweifel.

Wer ihn liest, braucht Deutungshilfe. Seine Texte kann man nur unter der kundigen Anleitung von Lehrenden verstehen. Bildung einfach wachsen lassen, das geht mit Kafka vermutlich nicht.