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Unschulische Grammatik

Was man sich als Deutschlehrer immer erträumt, es ist passiert: Ein Begriff aus der Grammatik hat das Klassenzimmer verlassen und sich auf die erste Seite einer Tageszeitung begeben, der Begriff „Konjunktiv“.
Wir sehen auf einer Karikatur der Stuttgarter Zeitung (Ausgabe vom 12.06.09) Frank Walter Steinmeier mit Heiligenschein, Engelsflügeln und einem Plakat. Das trägt die Aufschrift: „Ich hätte Arcandor gerettet.“ Unter der Zeichnung ist zu lesen: „Der Konjunktiv-Heilige“.

Wie gut, wenn man einst im Deutschunterricht aufgepasst hat. Dann erschließt sich die Pointe ohne Weiteres. Das Verb auf dem Plakat steht im Konjunktiv, also in einer Verbform, die das Nichtwirkliche, nur Gedachte, Mögliche zum Ausdruck bringt. Der Politiker Steinmeier ist also kein wirklicher Retter, denn dann könnte er (im Indikativ) sagen: „Ich habe Arcandor gerettet.“ Nein, er ist nur ein Möchte-gern-Retter. Er wäre gerne einer gewesen, wenn sich ihm die Möglichkeit geboten hätte. Hat sie aber nicht. Daher bleibt beim ihm nur der Ruhm des Konjunktiv-Heiligen.

Aber auch die „wirklichen“ Retter, die von Opel zum Beispiel, werden sie es dereinst – um es im Futur II zu sagen – tatsächlich gewesen sein? Erinnern wir uns an den Indikativ-Heiligen, den Kanzler Schröder, und seine Rettung von Holtzmann. Im Rückblick ist es, wie wir wissen, doch nur eine Konjunktiv-Rettung gewesen.

Der Himmel bewahre die Mitarbeiter von Opel, Arcandor und so weiter vor Pseudo-Rettungen und damit vor der Arbeitslosigkeit!