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Unangebrachte Forderung

Die Schüler, ist zu lesen (Stuttgarter Zeitung, 30.06.09), wollen an der Bewertung der Lehrer beteiligt werden. So jedenfalls stellen es die Schülervertreter im Landesschülerbeirat dar. Lehrkräfte seien „Dienstleister“, und in dieser Rolle müssten sie doch ein Interesse daran haben zu erfahren, wie ihr „Produkt ankommt“. Ihr Produkt?

So weit hat es das betriebswirtschaftliche Denken also schon gebracht. Lehrer „verkaufen“ etwas. Was sie loswerden wollen, sind „Waren“. Die Schüler, die vor ihnen sitzen, denken darüber nach, ob sie kaufen wollen oder es lieber lassen. Natürlich hängt das von den Werbekünsten der Lehrenden ab. Wer auf seinen Lehrinhalten wie auf Ladenhütern sitzen bleibt, muss eine Kundenbefragung vornehmen und dann sein Verkaufsverhalten so umstellen, dass die Kundschaft endlich zugreift. Erfolglose Lehrer, solche, die ihre Produkte nicht loswerden, müssen durch Evaluationen ermittelt und zur Schulung (Wie verbessere ich meine Verkaufsgespräche?) geschickt werden.

Das klingt modern, aber es ist falsch. Denn die Schule hat einen doppelten Auftrag: Sie soll erziehen und bilden – so jedenfalls steht es im Schulgesetz. Erziehung aber ist keine Ware, kein käufliches Produkt, sondern eine gemeinsame Aufgabe von Eltern, Lehrern und Kindern. Ja, auch von Kindern. Wer sich unerzogen aufführt, ist kein sich verweigernder Käufer von „Schulwaren“, sondern ein verkorkstes Wesen, das Probleme hat und bereitet. Dass er sich ändert, liegt in seinem ureigenen Interesse und also auch an ihm selbst.

Unter Bildung verstehen wir schon seit längerer Zeit nicht mehr einen Warenkorb von Wissensteilchen, sondern einen Prozess, in dessen Mittelpunkt die Lernenden stehen. Sie sollen keine Produkte erwerben, sondern Kompetenzen. Dass dies gelingt, liegt in besonderem Maße an den Schülern selbst. Sie sind keine Hunde, die man zum Jagen trägt, und keine Kunden, die durch ein Kaufhaus streifen, sondern es sind Individuen, die sich für ihren Lernerfolg abmühen müssen. Das Lernen kann ihnen niemand abnehmen. Die Lehrenden zum Sündenbock zu machen, wenn sie als Lernende versagt haben, das ist zu billig.

Damit will ich allerdings nicht sagen, dass der Unterricht unwichtig ist. Ihn ständig zu verbessern, das ist die Aufgabe aller, die im Schulsystem Verantwortung tragen. Aber das ist ein anderes Thema.

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