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Unliebsame Langsamkeit 2: ICE-Halt in Böblingen

Sowohl in der lokalen Zeitung als auch in der überregionalen findet man (am 18.07.09) eine kurze Notiz über die Planungen der Deutschen Bahn für einen von der örtlichen Industrie gewünschten Halt des ICE in Böblingen. In beiden Meldungen steht als wörtliches Zitat aus einem Brief des Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube, den er an den Böblinger Landrat geschrieben hat: „ Wir prüfen weiterhin die Möglichkeit, mittelfristig einen ICE-Halt in Böblingen einzurichten.“ Dies wird in einer Zeitung als „positives Signal“ interpretiert. Aber was sagt uns der Satz? Die Bahn prüft offenbar ständig die Möglichkeit eines Halts. Aber mehr tut sie nicht.

Und wenn der Halt nun möglich wäre, würde er dann, fragen wir uns, tatsächlich eingerichtet? Das wohl nicht. Denn vor Jahren war der Halt möglich und er fand sogar statt; der ICE von Stuttgart nach Zürich hielt in Böblingen. Aber dann wurde der Stopp gestoppt. Offenbar wollte man das bislang Mögliche nun nicht mehr.

Nun wird also „weiterhin geprüft“. Aber erst 2011 wird es, lesen wir, „belastbare Planungen“ geben können. Derzeit sind sie also noch unbelastbar, also wertlos. Es wird sie daher auch nicht geben, diese Planungen, nehme ich an.
Zusammen mit dem anderen Satz ergibt sich die folgende Aussage: Die Bahn prüft zwar ständig die Möglichkeit eines ICE-Halts in Böblingen, aber erst ab 2011 kann sie ihn wirklich prüfen, weil sie erst dann sichere Planungsgrundlagen zur Infrastruktur hat, also zum Beispiel über die Zahl der Gleise und die dann „möglichen“ Abfahrtszeiten.

Jetzt wartet der Zeitungleser auf diesen entscheidenden Satz: „Wenn 2011 die belastbaren Planungen ergeben, dass der Halt in Böblingen möglich ist, dann werden wir ihn 2012 oder 2013 einrichten.“ Aber ein solcher Satz steht nicht im Text.

2 Antworten auf „Unliebsame Langsamkeit 2: ICE-Halt in Böblingen“

Die Schreiberlinge dieser Lokalzeitung gehören bestimmt zur gleichen Sorte Menschen wie diejenigen, die glauben, alles sei gut gelaufen, wenn ihnen bei einem Treffen gesagt wird: „Rufen nicht Sie uns an, wir rufen Sie an.“ Manchmal ist eben der Wunsch Vater des Gedankens.
Dabei sind das einfach Hinhaltetaktiken, wahrscheinlich denken die Verantwortlichen das Gleiche wie bei dem Blog-Eintrag zum Planungsdesaster bezüglich der Infrastruktur, nach dem Motto „2011 erinnert sich keiner mehr an uns, dann hängt das jemand anderem am Hals”.

Zu den sterbenden Wörtern gehört der “Kanzleitrost”. Das war ein Brief, der formal korrekt und durchaus freundlich ein Anliegen ins Nebulöse verschob. Offenbar beschäftigen sowohl die Deutsche Bahn als auch das Landratsamt Mitarbeiter, die sich auf diese Kunst verstehen. Ich vermute, dass beide Institutionen ihre Aktivität demonstrieren wollten, ohne sich auf irgendetwas festzulegen. Was die Zeitungen aus der daraus entstandenen Pressemitteilung gemacht haben, steht auf einem anderen Blatt. Zeugnisse kritischen Journalismus’ sind jedenfalls nicht entstanden.

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