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Unpädagogische Nichtversetzung 1: Daten

Unter den Betroffenen nannte man es einst „eine Ehrenrunde drehen“. Diese Formulierung verlieh dem Sitzenbleiben, der Nichtversetzung am Ende eines Schuljahrs, einen Hauch von Besonderheit: nur Sieger drehen Ehrenrunden. Auch wird aus dem statischen Sitzen Mobilität, denn Runden werden gefahren. Allerdings beschränkt sich die Bewegung in Wirklichkeit auf einen Wechsel der Klasse. Dort allerdings langweilt man sich ein Jahr lang und/oder nervt die Lehrer. Ein Lebensjahr wird sinnlos vertan, häufig jedenfalls.

Wir wissen nicht, wie viele Sitzenbleiber das kommende Schuljahr bestehen und mit welchem Erfolg. Wir wissen auch nicht, wem das Wiederholen tatsächlich etwas gebracht hat. Ich vermute, dass es nicht viele sind, sicher nicht mehr als der Hälfte aller Sitzenbleiber.

Am Ende des Schuljahrs 2007/2008 sind 2,5% aller Gymnasiasten nicht versetzt worden; dabei sind diejenigen nicht mitgerechnet, die das Abitur nicht auf Anhieb geschafft haben. 2,5%, das waren 6849 Schülerinnen und Schüler, allerdings bildeten Letztere die Mehrheit (3,2% Jungen gegenüber 1,8% Mädchen). Die meisten Nichtversetzungen gab es am Ende der Klasse 10 (4,3%) und in der Region Stuttgart (2,9%), zu denen Böblingen und der Rems-Murr-Kreis gehören.

Leider macht das Statistische Landesamt keine Angaben über die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die auf Probe versetzt wurden und diese Probezeit bei den Nachprüfungen im Oktober bestanden haben. Wir wissen auch nicht, wie viele nach §1,(3) der Versetzungsordnung versetzt worden sind, bei denen der Zeugniskonvent also der Meinung war, sie könnten es trotz ihrer schlechten Noten im kommenden Jahr schaffen.

Fast siebentausend Wiederholer allein in den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg. Was das den Steuerzahler wohl kostet? Und was es letztendlich bringt? Werden die Wiederholer pädagogisch begleitet? Hat man ein Auge auf sie? Werden sie gefördert? Ich vermute: eher nicht.

Was soll das also, dieses Nichtversetzen? Schon die Sprache ist verräterisch: Man lässt jemanden „durchfallen“ – wo fällt er (oder sie) hin? Jemand bleibt „sitzen“ – und wer hilft ihm (oder ihr) aufzustehen und mit mehr Motivation die Schulzeit zu durchlaufen.