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Ungelenke Kraftmeierei oder Wie die Familie gestärkt werden soll

Die Christdemokraten setzen in diesem Wahlkampf auf Kraft. Vermutlich ist es jene, die in der Ruhe liegt; denn so recht hörbar sind die Wahlkampfstimmen nicht. Dafür sieht man aber die Plakate umso besser. Eines davon zeigt die Familienministerin, entspannt lächelnd, und mit dem zusammengestückelten Satz: „Wir haben die Kraft – Für starke Familien“.

Sätze sind dazu da, dass man sie versteht. Den auf dem Familienplakat verstehe ich nicht so ganz. Klar ist, dass die CDU „die“ Kraft hat – oder nur Kraft? Im ersten Fall wäre es eine Kraft, die sie dazu befähigt, etwas zu leisten. Man könnte sich vorstellen, die Partei ist stark genug, ein neues Konzept der Familienförderung durchzusetzen (Erhöhung des Kindergeldes, rascher Ausbau der Kindertagesstätten, Verlängerung der Elternzeit).
Im zweiten Fall würde etwas behauptet, was erst nach der Wahl sichtbar wird: ob die CDU tatsächlich eine starke politische Kraft ist.

Aber nehmen wir die erste Deutung. Sie besagt, die CDU habe die Kraft für starke Familien. Sind die Familien schon stark und bekommen noch die Kraft der CDU dazu oder sind sie (noch) schwach und werden durch die Kraft der Christdemokraten erst richtig stark? Dass Letzteres gemeint ist, hat einen höheren Wahrscheinlichkeitsgrad. Dann lautete die Botschaft des Plakats: Wir wissen, dass es den Familien trotz unserer tollen Politik der letzten Jahre nicht gut geht. Sie sind noch zu schwach, die vielfältigen Aufgaben zu schultern, die in der heutigen Zeit anstehen. Daher werden wir – die starke CDU – mit unserer ganzen Kraft dafür sorgen, dass die Familien viel stärker werden.

In der Plakat-Formulierung bleibt die politische Aussage merkwürdig schwach, trotz aller Kraftmeierei.

2 Antworten auf „Ungelenke Kraftmeierei oder Wie die Familie gestärkt werden soll“

Ich denke, dass “Kraft” gewählt wurde, weil es schwer greifbar ist und weil “Geld” nicht genommen werden wollte. Kraft hat nichts Messbares in der Politik (mal reicht die Kraft halt nicht, dann war nur der Wille da). Es ist auf jeden Fall nicht gerade der beste und stärkste Wahlslogan, der dieses Jahr erdacht wurde, aber wenn ich mir die anderen Plakate so anschaue, befindet er sich leider in guter Gesellschaft. Entweder haben die Parteien kein Geld in die Hand genommen oder es waren in allen Werbeagenturen Azubitage.

Angesichts der Wahlergebnisse vom letzten Sonntag wirkt die Wahlwerbung seltsam harmlos und unbedarft. Wann endlich werden die großen, entscheidenden Fragen gestellt und beantwortet? Zum Beispiel: Wie soll künftig eine Finanzkrise verhindert werden? Wie will der Staat seine immensen Schulden bezahlen? Was soll sich am Steuersystem ändern? Wie wird Deutschland seine Klima-Verantwortung wahrnehmen? Was soll aus Afghanistan-Einsatz werden? In welcher Richtung soll sich die Sozialgesetzgebung verändern? Wie werden künftig die Familien gefördert? Wann endlich kommt eine grundlegende Hochschulreform, die Forschung und Lehre klug verbindet? Was wird getan, um die Integration der Zugewanderten zu verbessern? Und anderes mehr.

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