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Unerlaubt – Handy im Unterricht

Im Theater, im Kino, beim Konzert muss man es tun, in manchen Bussen und Bahnen wurde es lange gefordert, das Abschalten der Handys. Auch im Unterricht möchten die Lehrerinnen und Lehrer keine Störung durch Klingeltöne, keinen heimlichen Text- und Bildversand unter der Bank, kein unbeobachtetes Fotografieren oder Filmen während der Stunde. Daher verbieten manche Schulen das Mitbringen von Handys oder verlangen zumindest deren Stilllegung in der Unterrichtszeit.

Hätten sich alle Schüler an das Verbot gehalten, wären sie nicht – wie in Winnenden oder jüngst in Ansbach – in der Lage gewesen, das gewalttätige Eindringen ins Klassenzimmer der Polizei zu melden und damit deren schnelles Eingreifen auszulösen. Also das Handy doch für solche Notsituationen eingeschaltet lassen und die unvermeidlichen Störungen des Unterrichts in Kauf nehmen? Das von der Landesregierung Baden-Württemberg nach den Ereignissen von Winnenden eingesetzte Expertengremium möchte das offenbar.

Ein Ausweg wäre es, dass nur die Lehrkraft ihr Telefon eingeschaltet bei sich trägt. Aber was tun, wenn sie im Notfall außer Stande wäre, es zu verwenden? Oder nur einigen Schülern das „Amt des Notrufers“ übertragen? Das würden die anderen als ungerecht empfinden. Also doch kein Verbot und alle, die wollen, haben ihr Gerät nicht nur dabei, sondern auch in Betrieb? In der Tat: nur so ist im Ernstfall die Informationsmöglichkeit gegeben.

Aber dann führt kein Weg daran vorbei, die Spielregeln für die Benutzung oder besser Nichtbenutzung während des Unterrichts klar zu definieren, am besten zusammen mit den Schülern, und auch gut einzuüben. Wer diese Regeln nicht einhält, wer heimlich mit der Freundin korrespondiert oder Videos aufnimmt oder zeigt, muss die fälligen Sanktionen aushalten. Im Übrigen: „Geschäftigkeit unter der Bank“ gab es auch in den Zeiten vor dem Handy. Es wurden in langweiligen Stunden heimlich Bücher gelesen, man hat Briefchen weitergereicht oder mit einem interessanten Gegenstand, dem neuen Taschenmesser zum Beispiel, herumgespielt. Die Schule bestand noch nie nur aus Unterricht.

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Ungetrübt – Optimismus in der Krise

Stimmt: die Überschrift ist mehrdeutig. Aber wer weiß es schon wirklich? Ist der Optimismus in der Krise oder ist er in ihr angezeigt? Die Sindelfinger Zeitung setzt auf Letzteres und hat uns eine Beilage präsentiert, deren Motto lautet: „Hier wird Zukunft gemacht. Gute Nachrichten in der Krise.“ Es handelt sich um eine PR-Aktion für die „25 der innovativsten und erfolgreichsten Unternehmen im Kreis Böblingen.“ Zu denen gehört auch Mercedes. Das ist jene Firma, die ihre C-Klasse woanders bauen und einige tausend Arbeitskräfte abbauen will.

In der Zukunftsbeilage kommt ihr Werkleiter zu Wort, Prof. Dr. Eberhard Haller. Von ihm lässt sich lernen, wie man Optimismus ausdrückt. Der drohende Verlust der C-Klasse wird mit Schweigen übergangen. Dafür wird der Leser sprachlich zugedröhnt. Am Anfang des Interviews gibt sich der Spitzenmanager noch verhalten. Er sei „vorsichtig optimistisch“, was die Zukunft angeht. Am Ende des Textes aber zeigt er sich überzeugt, dass die Firma mit ihren „hervorragenden Produkten für die Zukunft bestens aufgestellt“ sei. Warum? Man hat eine „Vielzahl von erfolgreichen Maßnahmen entlang der Wertschöpfungskette umgesetzt“, zum Beispiel eine „Modulstrategie“. Und vor allem seien es die „neuen innovativen Produkte“, die dazu beitragen, dass man sich „bestens gerüstet“ fühle. Immerhin sei die C-Klasse „zum schönsten Auto Deutschlands gewählt“ worden. Das zeige: „Die Zukunft hat bei uns schon begonnen.“ Denn man investiere „uneingeschränkt und zielgerichtet in die Zukunft“. So werde 2010 „ein neuer Flügeltürer“ auf den Markt kommen. Dieser Sportwagen sei, so Haller, „ein absoluter Höhepunkt“ und „ohne Übertreibung Emotion pur“. Ohne Übertreibung?

Herr Professor Haller zeigt sich in diesem Gespräch als ein unheimlich begeisterter Mann: Er ist begeistert vom Engagement und der Sorgfalt seiner Mitarbeiter, vom „einzigartigen Technologiepaket“ der neuen Flügeltürers und er teilt die Begeisterung der Kunden über die Sparsamkeit des neuen BlueTec Diesel.

Angesichts dieser begeisterten „Emotion pur“ des Werkleiters ist Häckerling eher entgeistert.

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Ungesichert – Türknauf gegen Amoklauf

Wenn etwas Schlimmes passiert ist, sollen Experten darüber nachdenken, wie man eine Wiederholung verhindern kann. Daher hat die Landesregierung von Baden-Württemberg nach dem Amoklauf von Winnenden eine Kommission eingesetzt. Deren Bericht liegt nun vor. Er enthält 83 Vorschläge. Einer davon: die Türen der Unterrichtsräume mit einem Knauf versehen. Dann lassen sie sich nicht mehr von außen öffnen und das im Katastrophenfall Amoklauf empfohlene – sehr problematische – Abschließen von innen würde entbehrlich.

Abgesehen davon, dass diese Maßnahme mit Kosten für die klammen Schulträger verbunden wäre, hätte der Türknauf auch einige unterrichtspraktische Nachteile. Auch erhöht er meines Erachtens die Sicherheit nur unwesentlich.

Viele Schulen verfügen bereits über Erfahrungen mit Räumen, die außen einen Türknauf haben. Man sichert damit zum Beispiel Fachräume und ihr wertvolles Inventar vor unbefugtem oder vorzeitigem Zutritt. Vor einer Türe mit Knauf wartet die Klasse, bis sie von der Lehrkraft hereingelassen wird. Wenn die sich – aus welchem Grund auch immer – verspätet, stehen die Schüler einige Minuten draußen vor der Tür – und sind in dieser Zeit „ungeschützt“. Man kann die Türe des Unterrichtsraums auch nicht gleich wieder schließen, sondern muss sie noch einige Zeit offen lassen, denn es gibt fast in jeder Stunde Schüler, die später kommen. Nicht immer ist das ihre Schuld. Stehen die Nachzügler vor verschlossener Tür, müssen sie anklopfen, damit man sie hereinlässt. Dabei aber stören sie den Unterricht, denn der hat schon begonnen.

Anklopfen können aber auch: ein anderer Lehrer, die Mutter eines Schülers, ein Vertreter der SMV – und ein Amokläufer. Am Klopfen wird man nicht erkennen, ob jemand etwas Böses im Schilde führt. Wenn man aber wissen will, wer draußen steht, muss man die Türe öffnen – es sei denn, sie verfügt über einen „Spion“. Doch der dürfte nur von innen nach außen benutzbar sein, sonst kann er zur Überwachung missbraucht werden. Und das will auch niemand.