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Politik

Überlastet – Menschen mit Angst

Die Gesellschaft schien es vergessen oder verdrängt zu haben, das Thema Angst und das Gefühl der Überforderung. Nun ist es beim Tod des Torhüters mit aller Macht und unübersehbar an die Oberfläche gekommen. In den Reden der Verantwortlichen wird ein anderer Umgang mit dem Schwachsein gefordert. Sie ahnen, dass dies keine Angelegenheit ist, die nur den Fußball betrifft.

Wir alle haben Probleme mit dem Leben; aber manche leiden stärker. Das zeigt sich in den privaten Beziehungen und bei der Arbeit, in der Freizeit und bei den Anforderungen des Alltags. Wir wissen, dass die Älteren unter zunehmender Bedrücktheit leiden, aber auch die Kinder und Jugendlichen, dass es die trifft, die unter beruflichem Druck stehen, und jene, die arbeitslos sind, und dass sowohl Männer und als auch Frauen darunter leiden. Das ist bekannt, aber im öffentlichen Bewusstsein spielte das Thema bisher nur selten eine Rolle.

Heute (am 16.11.09) lese ich in den Stuttgarter Nachrichten, dass auffällig viele Lehrerinnen und Lehrer unter psychischen Störungen leiden und deshalb auch früher arbeitsunfähig werden. Auch das ist schon länger bekannt, aber es war bisher keine große öffentliche Diskussion wert. Der Druck auf die Lehrenden wächst ständig. Die Gesellschaft, die Politik, die Schulverwaltung erwartet viel von ihnen. Und das mit gutem Grund; denn in der Schule entscheidet sich die Zukunft des Gemeinwesens. Aber mit dem Fordern ist es nicht getan. Die Lehrkräfte müssen damit fertig werden, dass ihre Aufgaben zunehmen und ihre Arbeitszeit steigt; keine Stunde darf ausfallen, sonst gibt es Proteste. Man vergisst gern, dass viele Kinder „schwieriger“ werden und es daher auch immer schwieriger wird, ihnen gerecht zu werden und jedem einzelnen Kind das zu geben, was es braucht. Manche Eltern erwarten von den Lehrern jene Erziehungsarbeit, die sie selbst nicht mehr leisten können oder wollen.

Was wird zur Entlastung getan? So gut wie nichts. Vielleicht bewirkt der Tod des Torhüters etwas.
(Blog-Eintrag Nr. 109)