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Überschrieben – Alliteration in der Zeitung

Ob bei der Stuttgarter Zeitung Alliterationen und Anaphern in der Überschrift erlaubt seien, wurde ein Redakteur von Schülern gefragt (18.12.09). Die müssen einen anspruchsvollen Deutschunterricht genießen, wenn sie mit diesen Begriffen umgehen können. Die Antwort des Mannes von der Zeitung, der mit der Anapher nichts anfangen kann: Im Prinzip sei gegen diese Stilmittel nichts einzuwenden. Warum auch? Dazu sind sie schließlich da.

Die Alliteration kommt in der mittelalterlichen Dichtung beim Stabreim vor. Das grauslige Hildebrandslied liefert dazu ein Muster. Ob die Schüler es gelesen haben? Gemeint ist, dass Wörter, die nahe beieinanderstehen, in ihren Anfangsvokalen oder -konsonanten übereinstimmen: „Angst im Alltag der Arbeit“, „Luft und Leben“, „Brich mit den Hungrigen dein Brot“.

Suchen wir mal in der genannten Zeitung nach Überschriften dieses Musters. Gleich auf der ersten Seite ist zu lesen: „Wer wenig verdient, ist viel wert“ – über die volkswirtschaftliche Bedeutung von Putzfrauen. Und links daneben steht: „Grundsteuer steigt“ – in Stuttgart. Das wird auf Seite 21 gesteigert: „Die Grundsteuer steigt so stark wie nie zuvor“ – eine gekonnte Steueralliteration. Auf Seite 4 können wir lesen: „Merkel mahnt globale Kraftanstrengung an“ – in Kopenhagen. Seite 9: „Manager meditieren im Kuhstall“ – das baut offenbar Stress ab. Seite 11 steht eine Überschrift mit doppelter Alliteration: „Bosch beteiligt Mitarbeiter an Kosten der Kurzarbeit“ – so will man ihre Nichtentlassung finanzieren.

Schließlich auf Seite 18 die wunderbare Überschrift: „Nachfrage durch Nachwuchs“ – ein Leserbrief über die ökonomische Seite des Kinderkriegens. Und auch Anaphern hat die Zeitung zu bieten: „Mal lyrisch, mal dramatisch“ und „Ohne Mann, ohne Kind und ohne Dach in Barcelona“. Wieder einmal mehr liefert die aktuelle Zeitung Material für den Unterricht. Die Schüler könnte es freuen.

(Blog-Eintrag Nr. 124)