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Über Käßmann 1

Sie sei, liest man, eine Frau, die offen und klar ihre Meinung sage. Das sei ihre Stärke, aber das mache sie auch verletzlich. Die Rede ist von der immer noch als neu zu bezeichnenden Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschlands, der EKD, Margot Käßmann. Unlängst hat sie sich über die Sinnlosigkeit des deutschen Militäreinsatzes in Afghanistan geäußert und dafür Kritik geerntet. Nun ist es ihr gelungen, den Papst zu vergrätzen.

Der würde das zwar selbst nie öffentlich zugeben, aber sein Kurienkardinal Kasper hat deutliche Worte gefunden. Der gibt sich enttäuscht und verärgert über Käßmann. Das kann sogar der protestantische Häckerling nachvollziehen. Frau K. hat klar und deutlich gesagt, sie erwarte vom sechzehnten Benedikt nichts in Sachen Ökumene. Selbst wenn sie damit den Nagel auf den Kopf getroffen haben sollte, ein solcher Hammer gehört von der obersten deutschen Evangelischen nicht geschwungen. Solche Sätze kann man bei kirchlichen Stammtischen äußern, aber aus offiziellem Mund sind sie undiplomatisch, ja schädlich, weil damit nichts erreicht, aber vieles verhindert wird.

Natürlich erwarten wir mehr ökumenische Begeisterung von unseren katholischen Brüdern und Schwestern, aber wir sollten die Erwartungen an sie klar formulieren und sie damit in Zugzwang bringen.

Es wird Zeit, dass die Ratsvorsitzende K. Rat in Sachen Führungsverantwortung annimmt. Denn sonst kommt sie zwar oft in den Medien vor, aber leider nicht als eine Stimme, die ernst genommen wird.
(Blog-Eintrag Nr. 138)

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Über Enquist

Die Überschrift klingt unverständlich und bedarf der Erklärung: Per Olov Enquist ist der Name eines Schriftstellers. Er ist 1934 in einem kleinen nordschwedischen Ort zur Welt gekommen. Was hat er in einem deutschen Blog zu suchen? Den 75 Jahre alten Schweden verbindet einiges mit Deutschland.

Letztes Jahr ist im Hanser-Verlag seine Lebensgeschichte erschienen: „Ein anderes Leben“. Darin schreibt Enquist über sich selbst in der dritten Person. Er betrachtet seine Vita aus der Distanz, kritisch also und auch unnachsichtig. Er erzählt, wie das Kind vater- und geschwisterlos bei einer frommen Mutter aufwächst. Es ist lieb und tut sich daher schwer, Sünden zu bekennen, für die es anschließend Vergebung erhalten kann.

Der junge Mann Enquist begegnet im Studium und danach vielen später und heute noch bekannten Menschen, Schriftstellern und Publizisten vor allem. Er wird selbst einer, mit wachsendem Erfolg. Er reist viel in der Welt herum und kommt auch für ein paar Monate ins Berlin der ausgehenden 1960er Jahre, mitten hinein in die Jugendrevolte. 1972 ist er in München bei der Olympiade und erlebt aus unmittelbarer Nähe den furchtbaren Wandel der „heiteren Spiele“ in einen grauenvollen Albtraum. Er blickt und lässt uns Leser auf Deutschland als einer blicken, der dieses Land liebt, aber nicht immer versteht. Verstehen wir es?

Enquist hat als Schriftsteller großen Erfolg. Er schreibt Romane und Theaterstücke; er schafft es mit einem Stück sogar auf den Broadway. Er tritt im Fernsehen auf; sein Wort gilt viel. Doch der Preis dieses Ruhms ist hoch. Es kommt der Absturz in den Alkohol. Schonungslos schreibt der Autor über Enquist, den hoffnungslosen Versager, den trostlos Verzweifelten. Als er „am Ende“ ist, gelingt ihm die Wende, die „Bekehrung“ zum Leben.

Ein großes, ein berührendes Buch über ein ziemlich „anderes“ Leben, eingebettet in die Geschichte der letzten 75 Jahre.

(Blog-Eintrag Nr. 137)

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Über Kirche und Politik

Das hat sie immerhin schon erreicht, die Bischöfin und EKD-Vorsitzende Käßmann: dass endlich wieder einmal über die Rolle der Kirche(n) im Staat diskutiert wird. Man stellt sich die (oder der) Frage, ob sich „die Kirche“, Frau K. also, in das Politische „einmischen“ soll oder ob ihr Zurückhaltung bzw. Schweigen anzuraten sei. Die Antwort hängt meistens davon ab, ob die geäußerte Meinung der eigenen entspricht oder eher widerspricht.

Häckerling sagt grundsätzlich ja, gibt aber zu bedenken, dass kirchliche Statements zu politischen Fragen einen angemessenen Rahmen (oder Kontext) brauchen, um ihre Wirkung zu entfalten und ernst genommen zu werden. Anders gesagt: Es ist ein Unterschied, ob ich mich in einer Predigt in religiös gestimmter Sprache gegenüber der vor mir sitzenden Gemeinde zu einer politischen Frage wie dem Bundeswehreinsatz äußere oder in einer Talkshow plaudere oder in einer Denkschrift Stellung beziehe. Die Predigt ist der „Seelsorge“ verpflichtet, die Talkshow bedient das Unterhaltungsbedürfnis, die Denkschrift will einen Beitrag zur Diskussion leisten.

Geistliche und also auch Bischöfe sind in weltlichen (politischen) Fragen nicht per se klüger als andere Staatsbürger. Sie haben die Auslegung der biblischen Bücher gelernt. Sie können diese alten Texte auf die Welt von heute beziehen, aber ihre Kenntnisse dieser heutigen Welt sind naturgemäß beschränkt. Daher reden sie manchmal naiv oder undeutlich oder auch inkompetent daher. Das darf man ihnen nicht übel nehmen, denn wir alle sind in dieser Hinsicht beschränkt und daher fehlbar.

Also verdient Frau K. ob ihrer „Predigt zum Afghanistaneinsatz“ Nachsicht. Anzuraten ist ihr aber etwas mehr Vorsicht beim Reden über Politisches. Ein Zeichen von Weitsicht wäre es, wenn sie eine fachlich fundierte offizielle Äußerung der EKD zum Thema „kriegsähnliche Einsätze der Bundeswehr“ auf den Weg oder – falls es die schon geben sollte – in Erinnerung bringen würde.

(Blog-Eintrag Nr. 136