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Über eine Bildungsoffensive 1

Tue Gutes und rede darüber. An dieser zwar unschwäbischen, aber dafür weltweit anerkannten Maxime orientiert sich auch das Kultusministerium Baden-Württemberg mit ihrer am 1. Februar 2010 eingeläuteten Informationskampagne. Das Wort „Offensive“ ist wahrscheinlich bewusst kriegerisch (oder sportlich?) gewählt. Man will aus der Defensive kommen, man fühlt sich im Rückstand und will wieder die Führung übernehmen. Die Opposition im Land ist gegen die Aktion, das war zu erwarten. Sie verwendet das Argument, dass sich durch Broschüren über die Schule an deren Beschaffenheit nichts ändere. Das erinnert an das einstige Anti-Pisa-Argument, dass eine Sau durch Wiegen nicht fetter werde. Man könnte ergänzen: Auch Fieber sinkt nicht, wenn man es misst. Oder: Wahlprogramme werden durch Wahlbroschüren nicht besser. Magere Argumente.

Häckerling wird die Aktion der Rau-Administration kritisch begleiten. Die „Qualitätsoffensive“ ist es wert, dass man sie unter die Lupe nimmt und die dabei sichtbare Spreu vom nährenden Weizen trennt.

Die Informationen sollen auf mehreren Ebenen ankommen. Es gibt Veranstaltungen, Broschüren und eine eigene Internetseite. Diese Mehrkanaligkeit ist an sich sinnvoll, erhöht sie doch die Chance auf Wahrnehmung. Trotzdem kann man daran zweifeln, ob die Informationen ankommen und – vor allem – in den Köpfen haften. Wer nicht brav mitschreibt, vergisst das auf Veranstaltungen Gesagte rasch. Die Bilder der Präsentationen verblassen schnell. Aber man bekommt ja die Broschüren mit. Deren Schicksal kennen alle, die sie verteilen müssen. Sie werden, wenn es gut geht, irgendwo abgelegt, sie vergammeln in den Taschen der Schüler, denen sie ausgehändigt wurden, sie verstauben auf Tischen und Regalen. Gründlich gelesen werden sie selten, mehrfach schon gar nicht, obwohl sich nur dann ihr Inhalt einprägt. Bleibt die Homepage; aber wer schaut da regelmäßig rein?

Dabei geht es nicht ums bloße Lesen, sondern um die Auseinandersetzung mit den Themen der „Offensive“: die kleiner werdenden Klassen, das zahlenmäßig große Abitur 2012, der neue Unterricht, der dem nicht mehr so neuen Bildungsplan 2004 gemäß wäre, und der Umgang mit alten Problemen, zum Beispiel der Sprachförderung für Vorschul- und Grundschulkinder mit Migrationshintergrund oder der Übergang vom Kindergarten zur Grundschule.
(Blog-Eintrag Nr. 142)

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