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Musik oder Politik

Die Schüler Union steht bekanntlich der CDU nahe. Das hat ihren scheidenden Bundesvorsitzenden aber nicht daran gehindert, Unsinn zu verbreiten. Jedenfalls nenne ich das so, was die Stuttgarter Nachrichten (StN) am 21.6.20 unter der Überschrift „Schüler Union will Lehrerfortbildung in den Ferien“ von ihm berichtet. Die Schlagzeile ist ungenau; denn der Vorsitzende Ouapasse will, dass Lehrerfortbildung nur in den Ferien und nur an den Wochenenden stattfindet. Wahrscheinlich meint er bei Wochenende auch den Sonntag. Als „erster Muslim“ (Zitat) im Vorsitz der Schüler Union hat er damit offenbar kein Problem. Dass eine Partei mit dem Adjektiv „christlich“ im Namen eigentlich für die Sonntagsruhe sein müsste, mag ihm entgangen sein.

Der noch größere Unsinn, den dieser Vorsitzende laut StN zum Besten gegeben hat, ist seine Forderung, dass die Schüler „statt vier Stunden Musikunterricht in der Woche“ (Zitat StN) mehr in „Mathe, Deutsch und Politik unterrichtet werden“ (Zitat). Man fragt sich schon, aus welcher Schulwelt „der 21-Jährige“ (Zitat) stammt. Musik ist leider oft nur einstündig. Vier Stunden Musik haben (in Baden-Württemberg) ab Klasse 8 nur jene wenigen Schülerinnen und Schüler, die an einem Gymnasium mit Schwerpunkt Musik sind. So wie auch jene mit den Schwerpunkten in Kunst oder Sport vier Stunden Unterricht in diesem für sie zusätzlichen Hauptfach haben.

Der Mann mit dem Namen Oupasse habe, schreibt meine Zeitung, „Selbstvertrauen“ (Zitat) demonstriert, und zwar so: „Ich brauche keinen Minister, der mir erklärt, ob das System (er meint wohl die Schule) gut oder schlecht ist“ (Zitat). Häckerling findet, dass Ouapasse durchaus schulpolitische Erklärungshilfe gebraucht hätte. Und er gibt dem scheidenden Vorsitzenden auch insofern recht, als bei ihm und der „Schüler Union“ mehr Unterricht in Politik möglicherweise nützlich gewesen wäre.

(Blog-Eintrag Nr. 190)

2 Antworten auf „Musik oder Politik“

Was Herr Oupasse sagt, wirft ein schlechtes Licht auf ihn selbst, ein noch schlechteres aber auf die Schüler Union. Einen Narren in den eigenen Reihen hat selbst der beste König, einen Narren zum König haben nur die weniger lichten. Das man ausgerechnet als Bundesvorsitzender einer Schülervereinigung keine Ahnung vom Fach hat, ist ein
Armutszeugnis ohnegleichen und zeigt, dass Führung und Qualifikation nicht immer Hand in Hand gehen. Ich für meinen Teil empfehle der Schüler Union vielleicht vor der Wahl ihres Vorsitzenden einen Eignungstest zu machen. Dass nicht der ungeschickteste Spieler Mannschaftskapitän wird, sollte auch Schülern nicht ganz unbekannt sein.

Abgesehen davon wüsste jemand, der sich in der Materie auskennt, dass a) auch Lehrern Freizeit zusteht (auch wenn es Schülern schwer fällt, das zu glauben, so ist es ein Beruf und keine Sklaverei) und b) Die Lehrer in den Ferien und an Wochenenden schon kräftig für sie arbeiten. Oder haben die sich nie gefragt, wann so ein Aufsatz oder eine Klassenarbeit korrigiert wird?

Besagter Vorsitzender ist nun nicht mehr im Amt, der 21-Jährige musste inzwischen Jüngeren Platz machen. Das ist gut, denn so besteht die Hoffnung auf klügere Sätze als die von Herrn O. der dpa diktierten: “Wer Schülern ein solides Wertefundament vermitteln … wolle, der könne sich nicht an Schultagen weiterbilden lassen.” Die Satz gewinnt auch in der indirekten Rede nicht an Substanz. Im Artikel geht es dann in wörtlicher Rede so weiter: “Der (Lehrer) muss sich auch in seiner Freizeit damit auseinandersetzen.” Welcher Lehrer, welche Lehrerin täte das nicht ständig? Das Lehrerbild des Herrn O. (CDU) kann gut mit dem eines ehemaligen Ministerpräsidenten (SPD) konkurrieren, der von den Lehrern als faulen Säcken sprach. Denn im Artikel folgt nun der Satz: “Natürlich wird dann auf hohem Niveau gejammert, weil Lehrer ja angeblich so viel zu tun haben.” Herr O. will uns sagen: Lehrer haben nichts zu tun – oder sie tun nichts, sind also faul, denn es gäbe ja so viel zu tun.
Nun könnte man fragen: Wer ist Herr O.? Oder: Was kümmert uns die Schüler Union? Meine Antwort: Beide könnten mir egal sein, aber sie schüren mit ihrem dümmlichen Geschwätz Vorurteile. Das ist schädlich. Und das ist mir nicht egal.

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