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Hausaufgaben über die Ferien

Heute (am 29.7.10) ist in Baden-Württemberg der erste Tag der Sommerferien. Die Bezeichnung ist ein wenig irreführend, denn der Sommer war schon, im Juli, aber da mussten die Schülerinnen und Schüler bei brütender Hitze über Klassenarbeiten brüten. Wir können zwar angeblich alles, wir Südstaatler, außer Hochdeutsch natürlich, und wir kennen auch alles, außer Sommerferien. An dieser Tradition zu rütteln ist aussichtslos. Um im Sommer Herbstferien zu haben, sind wir sogar vor Jahren aus dem rollierenden Feriensystem der KMK ausgestiegen.

Nun hat man die Kinder und Jugendlichen für 45 Tage in den Urlaub geschickt. Sie sollen sich jetzt erholen. Ein renommierter Erziehungsberater rät in der Zeitung von heute, sie sollten sich dabei auf keinen Fall mit Schulischem beschäftigen, sondern sich lieber langweilen bzw. lernen, ihre Langeweile selbst zu überwinden. Wichtig sei der Abstand zur Schule, gelinge er nicht, schade das den Kindern und mache sie krank. Daran ist sicher etwas Wahres. Wahr ist aber auch, dass ein solches Konzept der Schulvergessenheit auch das Vergessen von Gelerntem befördert. Am Ende der Ferien sind die Schüler erholt, hoffentlich, und wollen wieder etwas Neues lernen, hoffentlich, aber das Alte ist nachhaltig weg. Leider. Und es fehlt im neuen Schuljahr die Zeit, es wieder zurückzuholen.

Das soll nun nicht heißen, dass man den Schülern auch über die Sommerferien Hausaufgaben geben soll, nein, eine Hausaufgabe obliegt den für die Schule Verantwortlichen. Sie sollten Konzepte entwickeln, wie dem eklatanten Verlust an Gelerntem durch ferienbedingte Löschung begegnet werden kann. Dann müsste sich die Lehrkraft im kommenden Schuljahr nicht mehr darüber aufregen, dass „die im letzten Jahr offenbar nichts gelernt haben“.

(Blog-Eintrag Nr. 203)

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Ärgernis Ergänzungsbereich

Wie im Sport gibt es auch in der Schule die Pflicht und die Kür und wie im Sportlerleben ist auch im Schulleben die Kür beliebter als die Pflicht. Zu den Pflichten der Schulen, zum Grundbereich sozusagen, gehört der „normale“ Unterricht in den Haupt- oder Kernfächern, z. B. in Deutsch und Mathematik, und den „Nebenfächern“, also beispielsweise in den Naturwissenschaften, Geschichte und Gemeinschaftskunde, Musik, Sport und Kunst. Hingegen gibt es keine Verpflichtung, Arbeitsgemeinschaften und dergleichen anzubieten. Wenn es sie dennoch gibt, werden sie dem „Ergänzungsbereich“ zugeordnet. Er umfasst damit die „Kür“ und ist in Baden-Württemberg schon seit Jahren im Schwinden.

Das liegt an einer einfachen Logik, die auch jetzt wieder in einem Schreiben des Kultusministeriums (siehe Zeitungen vom 26.7.10) bestätigt wurde: Wenn es Probleme gibt, den Pflichtunterricht zu „finanzieren“, ist der Ergänzungsbereich eine Art „Sparbuch für Notfälle“. Die ökonomische Sprache ist deutlich: Durch „Umschichtungen von Mitteln“, also durch den Abbau von „freiwilligen Angeboten“, sollen Maßnahmen zur Vermeidung von Unterrichtsausfall bezahlt werden. Das ist ein Ärgernis.

Im Prinzip klingt es ja ganz gut und manches „Angebot“ im Ergänzungsbereich kann vielleicht tatsächlich schadlos gestrichen werden, manches aber nicht. Wenn man die Förderung des Sprachunterrichts für Kinder mit Defiziten mal ansetzt und dann wieder unterbricht, wenn man sprachliche Arbeitsgemeinschaften nach Belieben aussetzt, wenn man Chöre, Orchester oder Theatergruppen ausfallen lässt, um dem Pflichtunterricht ein paar Stunden zu verschaffen, dann ist das ein pädagogischer Unsinn. Denn die Förderung Schwacher, das Lernen zusätzlicher Sprachen und die Vorbereitung öffentlicher Auftritte sind das, was die Qualität von Schulen wirklich ausmacht.

Es wäre sinnvoll, das Wort „Ergänzungsbereich“ ersatzlos zu streichen oder es auf die schulischen „Angebote“ zu beschränken, die tatsächlich nur dem vorübergehenden Parken von Lehrerstunden dienen, sonst gibt es auch künftig Ärger mit dem Ergänzungsbereich.

(Blog-Eintrag Nr. 202)

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Das Weichen der Männer

Die Überschrift ist natürlich einseitig; denn es sind jüngst auch bedeutende Frauen gegangen. Denken wir nur an Margot Käßmann oder an Maria Jepsen, zwei auffällige Repräsentantinnen des deutschen Protestantismus. Frau K. ist nach dem Rücktritt noch populärer geworden; Frau J. hatte nach 18 langen Jahren als Bischöfin wohl einfach genug. Andere bedeutende Kirchenmenschen, solche aus dem katholischen Lager, „naturgemäß“ handelt es sich hier um Männer, taten oder tun sich mit dem „Hinwerfen“ etwas schwerer. Bei Herrn M. musste der mächtige Vorgesetzte in Rom offenbar ein Machtwort sprechen, bei Herrn Z., dem in Freiburg Residierenden, ist das Maß noch nicht voll. Er könnte den Sturm überstehen. Nicht alle Männer also, bei denen man sich’s vorstellen mag, weichen aus dem Amt.

Dagegen sind aus der Politik einige verschwunden und es herrscht darob große Betroffenheit. Dabei schert man sie gerne über einen Kamm; doch das Vergleichen von Äpfeln mit Birnen hat noch nie viel gebracht. Um es schon vorweg zu sagen: Häckerling respektiert nicht nur das Zurückgeben der Amtswürde, er findet es sogar ganz gut, wenn etwas Bewegung in die politischen Führungsetagen kommt.

Warum soll ein Günther Oettinger nicht EU-Kommissar werden, wenn er das erkennbar besser kann als das Land Baden-Württemberg regieren? Nun hat Stefan Mappus die Chance, zu zeigen, was er drauf hat.

Warum sollen Roland Koch in Hessen und Ole von Beust in Hamburg nach langen Regierungsjahren nicht das Recht haben, etwas anderes zu machen? Politiker sind keine Beamte, bei denen das Lebenszeitprinzip zu den hergebrachten Grundsätzen gehört; sie haben ihre Aufgabe auf Zeit übernommen. Dass sie die selber begrenzen wollen, ist verständlich.

Jürgen Rüttgers hat nicht etwa „hingeworfen“, er hat eine Wahl verloren; da ist es guter Brauch, die Konsequenzen zu ziehen und einen Neuanfang zu ermöglichen.

Horst Köhler hatte keine Freude mehr an seiner Rolle als Bundespräsident; da ist es doch besser, er machte Platz für einen Neuen. Der heißt Christian Wulff und hat in Niedersachsen einen offenbar fähigen Nachfolger gefunden.

Verantwortung beweist man nicht nur, indem man an seinem Sessel klebt, man kann es auch, wenn man aufsteht und geht, weil es genug ist.

(Blog-Eintrag Nr. 201)