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Grimmiges

Die Grimms, die Gebrüder oder auch nur die Brüder Grimm, sind im Gespräch. Der normale Deutsche verbindet ihren Namen mit den Kinder- und Hausmärchen, manche wissen, dass sie ein umfangreiches Wörterbuch begonnen haben, das andere fortsetzten und das schließlich im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts fertig wurde. Studierende der Germanistik wissen: Nicht unwesentlich ist es Jacob und Wilhelm Grimm zu verdanken, dass es dieses Fach überhaupt gibt.

Ein neues Buch, das ich nicht gelesen habe und wohl auch nicht lesen werde, hat, glaubt man der Verfasserin Cornelia Funke, den Grimms einiges zu verdanken. Das Buch heißt „Reckless“, was man mit „unverschämt“ und vielleicht auch mit „grimmig“ übersetzen könnte. In einem Online-Text des „Stern“ heißt es: Die Helden heißen wie die Grimm-Brüder Jacob und Will. „Das passierte wirklich ganz ungeplant“, erklärte Funke. Das glaube, wer mag. Diese Autorin schöpft schon immer gerne aus der Ideenkiste früherer Texte, warum nicht aus den Märchen der Grimms? Das soll aber keineswegs ein Plagiatsvorwurf sein.

Günter Grass bekennt sich in seinem neuen Buch „Grimms Wörter“ ausdrücklich zu den beiden Sprachforschern. Das Buch habe ich nicht gelesen, aber darin geblättert. Es erzählt ein bisschen von den Brüdern Grimm, aber vor allem geht es in diesem Werk um Grass. Der hat es sich in seinem nunmehr höheren Alter (um die achtzig ist er) zur Aufgabe gemacht, ständig von sich selbst zu schreiben. Daher könnte das Buch auch heißen: „Ich, Grass, und die Brüder G.“

Wie gut, dass es ein sehr gutes und sehr kluges Buch über die Brüder Grimm gibt. Das habe ich gelesen und kann es empfehlen, weil es nicht nur das Leben und das Werk der Brüder Grimm solide darstellt, sondern auch die Zeit, in der sie gelebt haben, plastisch werden lässt. Das Buch heißt „Die Brüder Grimm“ und wurde von dem jungen Kieler Germanisten Steffen Martus geschrieben.

(Blog-Eintrag Nr. 212)

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Probleme in der Schultüte

Schule hat begonnen. Das wird die Zahl der S-21-Protestler etwas reduzieren. Die Zeitungen meinen zwar, dieses Thema habe hierzulande die Schulfragen in den Hintergrund gedrängt, aber Verdrängtes drängt sich gerne wieder nach vorne. Es gibt nun mal ein paar drängende Probleme in der Schultüte: die Optimierung des achtjährigen Gymnasiums und das Doppelabitur 2012, die Implantierung der Werkrealschule und die Zukunft der Hauptschule, das „längere gemeinsame Lernen“ und die „Individualisierung des Unterrichts“, die Förderung der Sprachschwachen in der Schule und das Deutschlernen in der Kita. Diese Probleme werden in diesem Blog-Eintrag nicht gelöst, allenfalls genannt und ergänzt um den Hinweis, dass Häckerling darauf schon einige Male eingegangen ist.

Wir hatten in den Sommerferien eine laute Thilo-Sarrazin-Auseinandersetzung und eine leise Kirsten-Heisig-Debatte. Der eine redet vom Ende der deutschen Kultur, die andere schrieb ein Buch über das Ende der Geduld. Beide haben das gleiche Hintergrund-Thema: das Misslingen der Integration. Derzeit hören wir viele zwar-aber-Sätze: Zwar ist noch nicht alles gut in Sachen Integration, aber wir haben schon vieles erreicht. Zwar gibt es einige wenige Integrationsunwillige, aber schon sehr viele Integrierte. Zwar haben Jugendliche mit Migrationshintergrund Schwierigkeiten in der Schule, aber es gibt auch viele Beispiele erfolgreicher Migranten. Zwar haben wir noch einige „Hausaufgaben“ zu machen, aber wir sind „auf einem guten Weg“. Die deutsche Sprache bietet zwar wunderbare Möglichkeiten, mit Problemen fertig zu werden, aber mit der „Aber-Aussage“ können wir das Zwar nicht vergessen machen.

Und was helfen die großen Diskussionen den Lehrern, die sich nun wieder jeden Tag mit „integrationsunwilligen“ Kindern herumschlagen müssen, weil die keine Lust zum Lernen haben? So gut wie nichts. Statt die Lehrenden zu stärken, ihnen ganz konkrete Hilfen zu geben und sie von unsinnigen Aufgaben zu entlasten, lässt man sie mit den Forderungen und Problemen in der Schultüte allein.

(Blog-Eintrag Nr. 211)

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Beratlosigkeit

Die Berater der Banken sind in der Krise. Sie fühlen sich nicht wohl unter dem Druck ihrer Vorgesetzten, denn die wollen jeden Tag wissen, was sie geleistet, das heißt, wie viele Gespräche sie geführt und wie viele Verträge sie abgeschlossen haben. Das und noch mehr verrät uns die Zeitung von heute (Stuttgarter Nachrichten, 8.9.10). Und sie fragt mich, ob ich mich gut beraten „fühle“ von meiner Bank. In der Tat: um mehr als ein Gefühl kann es sich da schwerlich handeln.

Kein schöner Job, dieses Dasein als Berater. Man soll den Leuten, die Geld anlegen wollen, sagen, wie sie das am besten tun könnten. Am besten, das heißt so, dass sich das Geld vermehrt und nicht vermindert. Aber woher sollen die Damen und Herren Berater wissen, wohin die Reise der Finanzen und der Wirtschaft geht? Sie müssen sich da auf den Rat der Großen ihrer Branche verlassen. Und wissen diese Auguren, was die Zukunft bringen wird? Diese Frage ist schwer zu beantworten. Wenn sie es in der Vergangenheit – also z. B. 2008 – gewusst, aber bewusst verschwiegen haben, sind sie zu tadeln. Und wenn sie es nicht gewusst haben? Dann ebenfalls. Denn was haben sie uns anderen, den gemeinen Ratlosen, in diesem Fall noch voraus?

Dass sie angesichts dieser Unwissenheit ihren Kunden einfach nur das verkaufen, was ihnen und der Bank etwas einbringt, wer möchte ihnen das verdenken. Sie können den Anlegern das Risiko des Verlustes nicht nehmen. Warum sollten sie dann nicht wenigstens den Gewinn ihres Unternehmens im Auge haben?

Noch kein Berater hat mir den uralten Rat gegeben, das Geld in den altbekannten „Sparstrumpf“ zu legen. Damit wäre ich gut beraten gewesen. Hätte ich das vor ein paar Jahren gemacht, wäre ich heute um ein paar Euro reicher. Aber was soll’s? Man darf nicht nur an sich denken. Auch die Banken und ihre Berater wollen leben.

(Blog-Eintrag Nr. 210)