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Ende einer Bahnfahrt

Gibt es kein anderes Thema mehr außer Stuttgart 21? Offenbar nicht, denn wieder sind (am 7.10.10) die Zeitungen voll davon. Die Welt schaut auf diese Stadt und versteht nur Bahnhof. Der soll eigentlich erneuert werden und sieht nun ganz alt aus. An dem, was man vom Kopf auf die Beine stellen wollte, haben sich die Befürworter den Kopf angeschlagen. Auch bei den Gegnern breitet sich Kopflosigkeit aus. Wochenlang suchte man nach einem Wundermann, der vermitteln würde, und hat nun Heiner Geißler gefunden, einen Achtzigjährigen. Für den sind auch die Grünen. Bekommen die jetzt auch das Fracksausen? Schlottern ihnen die Knie angesichts ihres großen Erfolges? Oder wachsen ihnen Flügel? Das Ziel im Lied der Arbeiterbewegung („Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will“), es ist vom starken grünen Arm erreicht worden.

Und wie geht es nun weiter? Gar nicht, vermutet Häckerling. Wenn Geißler überhaupt eine Chance haben soll, dann muss er einen Baustopp anbieten können, vielleicht bis zur Landtagswahl im März. Das Demonstrieren hört so mangels Anlass von selber auf. Und dann wird gewählt. Man kann nach dem derzeitigen Stand der Dinge davon ausgehen, dass diese Wahl für CDU und FDP zum Desaster wird – und auch für das Bahnprojekt. Sein Ende ist nahe, nachdem die Projektgegner den Anfang vom Ende bereits geschafft haben.

Und selbst wenn Schwarz-Gelb im März siegen sollte, hat Stuttgart 21 keine Chance mehr. Denn die 50000 Gegner würden im April 2011 wiederkommen, motiviert durch ihren Erfolg im Oktober 2010. Wer kann es ihnen verdenken? Also: Nehmt Abschied Brüder vom Bahnprojekt Stuttgart 21. Die Stadt ist dann um eine Bauruine reicher.

(Blog-Eintrag Nr. 217)

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Staatsgewalt

In seinem letzten Blog („Tunnelblick“) hat sich Häckerling über die unversöhnliche Haltung der Befürworter und Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 geäußert. Nun, am gestrigen 30. September 2010, ist die Lage im Schlossgarten eskaliert. Offenbar schaffen es Bäume noch mehr als Gebäude, die Emotionen zu steigern. Die Polizei hat diesmal zu Instrumenten gegriffen, die weh taten: Wasserwerfer und Pfeffer. Das Fernsehen zeigte blutige Gesichter, Schüler mit juckenden Augen, erregte ältere Menschen, die so etwas „noch nie“ erlebt hatten. Das ist schlimm, und jeder, der darunter leidet, hat unser Mitleid verdient. Die Frage, warum „es so weit“ gekommen ist, muss dringlicher denn je gestellt werden.

Es wird aber auch noch die andere Frage gestellt, ob „der Staat“, ob die Polizei „das“ darf? Er darf es, sie darf es. Die Polizei muss sogar so handeln, wenn sie von den Verantwortlichen einen entsprechenden Auftrag bekommt. Es gibt tatsächlich das „staatliche Gewaltmonopol“. Das hat seine Begründung darin, dass Recht und Gesetz durchzusetzen sind. Dabei ist zwar nicht jedes Mittel erlaubt, aber einige sind es schon. Wasserwerfer, Schlagstöcke und Pfefferspray gehören dazu. Monopol heißt, dass nur einer etwas darf. Wir anderen, wir „normalen“ Bürger haben kein Recht, Gewalt auszuüben. Selbstjustiz ist verboten. Kleist hat im „Michael Kohlhaas“ vorgedacht, wohin sie führen kann. Wie schön, dass diese Novelle zur Pflichtlektüre im Abitur bestimmt wurde.

„Alle Gewalt“ geht zwar „vom Volke“ aus, aber das Volk hat sich eine Verfassung gegeben, hat Institutionen geschaffen und denen die Aufgabe erteilt, in geordneten Verfahren Beschlüsse zu fassen und Gesetze zu schaffen. Wer das infrage stellt, stellt die staatliche Ordnung überhaupt infrage.

Nun muss es allerdings nicht so weit kommen, dass die Bürger das staatliche Gewaltmonopol so „hautnah“ wie gestern erleben. Vielleicht hätte es eine klügere Politik gegeben, das zu verhindern. Aber die sehe ich weit und breit nicht.

(Blog-Eintrag Nr. 216)