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Schreibhemmung

Den Mädchen fällt es natürlich leichter als den Jungen, das Schreiben mit der Hand. Vor einigen Tagen durften wir davon in der Zeitung lesen. Offenbar ist das Problem schon im Kultusministerium angekommen und sogar in der einen oder anderen Grundschule. In Kürze gesagt: Viele Buben können nach vier Jahren Grundschule so schreiben, dass es niemand lesen kann, nicht einmal sie selbst. Und dieses Schreibproblem schlägt auf das Leseproblem durch. Wer nicht recht schreiben kann, liest auch ungern. Am Ende zählt man zu den knapp 20% der Fünfzehnjährigen, die nicht den Mindestanforderungen beim Verstehen von Texten gerecht werden.

Nebenbei muss hier der polemische Satz fallen: Was ist los in den Grundschulen, wenn sie es nicht einmal schaffen, allen Kindern das Schreiben beizubringen? Dazu haben sie  immerhin vier Jahre Zeit. Das reicht wohl nicht. Doch vielleicht bekommen sie ja bald sechs Jahre oder noch mehr zur Verfügung, sofern es nach den grünen und roten Parteien geht.

Kultusministerin Schick (CDU) hat Erbarmen mit den armen Jungen und will ihnen das Schreiben erleichtern. Mit dem Satz, sie sollen „ihren Hirnschmalz“ für Dringlicheres als das Erlernen der Schreibschrift nutzen, wurde sie in der Presse zitiert. Häckerling möchte sie dafür loben, aber an dieser Stelle auch den ehemaligen Schulleiter Ulrich Warnke lobend erwähnen und aus dessen ihm, dem Blogschreiber, vorab vorliegenden Leserbrief zitieren: „dass die Schüler, so ihr, der Ministerin, Wunsch, ‚ihren Hirnschmalz’ verwenden sollen, geht dann doch zu weit. Ist es bloß ihr bayerischer Migrationshintergrund oder weiß sie tatsächlich nicht, dass ‚Schmalz’, also auch ‚Hirnschmalz’, nicht männlich, sondern sächlich ist, die Schüler also ‚ihr Hirnschmalz’ verwenden müssten?“

Es ist tatsächlich der bayerische Hintergrund, der das Schmalz vermännlicht hat, aber das passt, denn auch das unansehnliche Schreiben ist ein männliches Problem. Hoffen wir auf ministerielles Hirnschmalz bei seiner Lösung.

(Blog-Eintrag Nr. 240)

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Nadelöhr ökologischer Himmel

Dass eher ein Kamel durch Nadelöhr komme als ein Reicher in den Himmel, können wir – in der dort üblichen Zuspitzung bereits in der Bibel lesen. Der Satz ist wohl so zu verstehen, dass sich den Reichen derart viele verführerische Hindernisse auftun, dass sie es sehr schwer haben, den christlichen Geboten gemäß zu leben.

Nun lesen wir in der heutigen Zeitung (17.12.10), dass es den Reichen auch nicht gelingt, den ökologischen Geboten zu entsprechen. An Verführungen zur übermäßigen Emission von Schadstoffen gibt es gar zu viele: das Einfamilienhaus, die Autos, die Fernreisen, das delikate Essen in Feinschmeckerlokalen. All diesen Versuchungen erliegen Wohlhabende immer wieder und das verhagelt ihnen die Öko-Bilanz. Dagegen schneiden arme Alte, die zur Miete wohnen, die Straßenbahn oder das Fahrrad benutzen, im Stadtpark Urlaub machen und selber kochen, wesentlich besser ab. Dabei wollen sie gar nicht ökologisch wertvoll sein, sondern einfach nur leben oder überleben. Die anderen, die Wohlhabenden, wollen dagegen umweltbewusst sein, aber offenbar scheitern sie mit ihren guten Vorsätzen gar zu oft.

Das ist ein Problem: Die einen handeln dem göttlichen Willen gemäß, ohne es groß anzukündigen, die anderen kündigen es groß an, tun es aber nicht. In der Bibel ist dieses Problem so gelöst: Es kommt nicht auf die großen Worte, sondern auf die Taten an. Können oder dürfen wir diese biblische Lösung auch aufs Ökologische anwenden? Häckerling ist skeptisch.

(Blog-Eintrag Nr. 239)

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Vergleiche

Die politische Rede, die Rede überhaupt, lebt von deutlichen Bildern. Vergleiche spielen dabei eine besondere Rolle. Sie fallen auf, prägen sich ein, reizen zum Widerspruch. Besonders provozierend wirken Vergleiche mit der NS-Zeit. Inzwischen gelten sie nicht mehr opportun. Wer sie verwendet, gerät schnell ins Abseits. Dafür gibt es reichlich Beispiele.

Als Westerwelle die deutschen Verhältnisse mit dem Wort „spätrömische Dekadenz“ bedachte, bezog er ebenfalls heftige Prügel. Viele Kritiker hielten das offenbar für fast genau so schlimm wie einen NS-Vergleich. Was mit dem Vergleich ausgesagt werden sollte, blieb etwas dunkel: das späte Rom, eine Zeit des Niedergangs, des Verfalls von Sitte und Anstand, von sozialer Struktur und politischer Kultur? Und bei uns ist es auch so?

Nun hat sich Kubicki in die Reihe der liberalen Vergleicher eingereiht. Es geht dabei nicht um die deutschen Zustände, nur um die in seiner eigenen Partei. Deren Zustand hat er als desolat bezeichnet und mit der „Spätphase der DDR” verglichen. An der Basis habe die „Auflösung“ bereits begonnen und die Parteiführung sei „abgehoben”, sagte Kubicki. Die Lage der FDP sei fast „aussichtslos“.

Nun fallen alle über den Kubicki her. Vor allem sein DDR-Vergleich löst Empörung aus. Dabei gibt es hierauf nur zwei mögliche Antworten. Entweder hat Kubicki unrecht und die Lage der FDP ist nicht so wie in der zerfallenden DDR, die Führung ist nicht „abgehoben“ und die Basis löst sich nicht auf. Wenn diese Antwort stimmt, dann irren nur die Wähler, die offenbar nicht merken, wie gut die FDP dasteht. Oder – die andere mögliche Antwort – Kubickis Einschätzung stimmt in etwa, dann hat er vielleicht zu den falschen Vergleichen und Metaphern gegriffen, aber ansonsten eine zutreffende Analyse geliefert. Und dann hätten auch die Wähler irgendwie recht.

Häckerlings Vorschlag: Tut alles, dass Kubicki unrecht hat, und tut es so, dass es auch die Wähler merken.

(Blog-Eintrag Nr. 238)