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Die Grünen und das Quorum

Es sieht nicht gut aus für das zentrale Wahlversprechen der grünen Partei, dafür zu sorgen, dass Stuttgart 21 nicht gebaut wird. Ihr roter Partner, der das Projekt „eigentlich“ unterstützt, will „eine Entscheidung der Bürger herbeiführen“. Von denen müsste ein Drittel nicht nur gegen das Projekt sein, sondern dafür auch noch ins Wahllokal gehen. Das halten Kretschmann und die Seinen offenbar für unrealistisch und machen daher einen großen Bogen um die Beteiligung der Bürger.

Höre ich recht? Angeblich ist die Mehrheit, also über 50% der Baden-Württemberger, gegen das Bahnprojekt. Warum sollte sich dann nicht wenigstens ein Drittel von ihnen dazu bereit finden, in geheimer Abstimmung dieses Nein zu bekennen? Traut man der eigenen Klientel und den Mobilisierungskünsten der Parteifreunde so wenig zu?

Im Übrigen ist es durchaus beachtenswert, dass bereits ein Drittel der Wahlberechtigten ausreicht, ein Gesetz zu kippen, das von der parlamentarischen Mehrheit beschlossen worden ist. Da von einem fehlenden demokratischen Zuschnitt der Landesverfassung zu reden lässt auf ein eigenartiges Verfassungsverständnis schließen.

Aber die Hoffnung der Projektgegner ist eine andere: Das Ganze wird nach dem Stresstest so teuer, dass die Bahn die Lust daran verliert und von sich aus die Arbeiten einstellt. Dann könnte sie keine Schadenersatzansprüche stellen und auch eine Beteiligung der Bürger wäre hinfällig. Wie sagt doch der Grüne Winfried Hermann so pietätvoll: Über eine Leiche muss man nicht abstimmen.

Allerdings leben Totgesagte gelegentlich länger als erwartet.