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Politik

Demonstrieren und Schreien

Während im Stuttgarter Rathaus sich Befürworter und Gegner bei der Erläuterung des Stresstests zum Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 stundenlang verbal beharkten, mit einiger Polemik auf beiden Seiten gewiss, aber doch im Rahmen des Sachlichen, hatten auf dem Rathausplatz die Gegner  ihre Schreistunde.

Nun will ich gerne wieder einmal kundtun, dass Demonstrieren ein Grundrecht in der Demokratie ist. Auch sei es mir ferne, irgendeine herabwürdigende Äußerung über diese Menschen von mir zu geben, die sich – bei gelegentlichem Regen übrigens – nicht haben davon abbringen lassen, sich dem Stress des Public Viewing auszusetzen. Dabei war, was sich vor ihren Augen abspielte, von wesentlich geringerem Spannungsgehalt als ein Fußballspiel. Nein, diese Menschen sind durchaus zu bewundern.

Als Fensehzuschauer durfte man gelegentlich einen Blick auf sie werfen, aber meistens waren sie nur akustisch präsent. Dabei irritierte es mich doch ziemlich, dass die Missfallensschreie nicht etwa nach der Äußerung eines Projektverteidigers aufkamen, sondern schon beim Beginn von dessen Redebeitrag. Daraus schließe ich, dass nicht das Gesagte missfallen hat, sondern die Person. Es gibt welche, bei denen man freundlichen Beifall klatscht, und andere, die schreiende Aggression auslösen. Das ist nicht ganz im Einklang mit meinem Demokratieverständnis, das impliziert, den Andersdenkenden als Menschen auch dann zu respektieren, wenn man mit seiner Meinung nicht einverstanden ist.