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Das Komma und sein Koma

Am ersten August hat es sich die Stuttgarter Zeitung trotz ihres streikbedingten Siechens nicht nehmen lassen, in einem umfangreichen Text über das Siechtum des Kommas zu klagen. Erfreulicherweise standen darin alle Beistriche richtig. So schlimm kann es also noch nicht sein mit dem Niedegang eines Satzzeichens, das „800 Jahre lang … gute Dienste geleistet“ hat. Doch die Diagnose stimmt durchaus. Vor allem „im Netz“ geht es bei der Zeichensetzung drunter und drüber. Nicht einmal die FAZ schafft dort einen satzzeichenkorrekten Text.

Der Autor der StZ-Artikels, Markus Reiter, gibt als Grund des Niedergangs das Kapitulieren vor den Kommaregeln an. Das gibt zu denken, denn das Regelwerk ist ja nicht etwa schwieriger, sondern im Rahmen der diversen Reformen von 1996 bis 2006 eher einfacher gworden. Dass man zwischen Sätze ein Komma setzt, also zum Beispiel Nebensätze von Hauptsätzen trennt, das ist so schwierig eigentlich nicht. Große Erleichterungen gab es beim Komma vor dem erweiterten (mehr als zwei Wörter umfassenden) Infinitiv. Auch das Komma bei herausgehobenen Wörtern oder Wortgruppen leuchtet unmittelbar ein. Schließlich macht man da auch eine Pause, eine Sprechpause, um die Hervorhebung hörbar zu machen. Nur das Komma nach einem Satz in wörtlicher Rede („Was verstehen Sie darunter?“, könnte der Leser fragen) ist etwas gewöhnungsbedürftig.

Mein Vorschlag zur Gesundung des kränkelnden Kommas: als Zeitung mit gutem Beispiel vorangehen und sich bei fehlerhafter Verwendung in offiziellen Texten wehren!

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Die Börse und das verschossene Pulver

Es ist ja nicht das erste Mal, dass die Kurse an der Börse fallen. Man muss sich nur den 10-Jahre-Verlauf ansehen, dann kann man die Anstiege und die immer wieder auftretenden Abstiege des DAX schön nachvollziehen. Gewonnen haben bei dieser Achterbahnfahrt nur diejenigen nichts, die dem Märchen geglaubt haben, Aktien seien eine langfristige Anlage und daher auf lange Sicht  steigend. Gewonnen haben vor allem jene Zeitgenossen, die ihre Aktien oder Fonds verkauft haben, ehe die Kurve wieder nach unten zeigte – also die Spekulanten.

Es wird behauptet, die Börse bilde die Erwartungen für die künftige die Wirtschaftsentwicklung ab. Das derzeitige Sinken der Kurse sagt uns also: Es wird mal wieder schlechter. Die andere Behauptung ist, an der Börse sei man enttäuscht über die Politik. Sie finde keine Lösung für die Finanzkrise und habe ihr Pulver verschossen. Bei der Metapher vom Pulver denke ich an Geld. Das haben die Regierungen offenbar verpulvert, was man daran sieht, dass nunmehr alle Staaten hoch verschuldet sind. Die derzeitige Verschuldung ist im Wesentlichen die Folge der diversen aufgespannten Rettungsschirme und geschnürten Konjunkturpakete. Die haben sehr viel Geld gekostet. Das ist nun weg. Das Pulver ist verschossen. Es hat sich ausgerettet und ausgeschnürt. Die Aussichten sind düster.

Früher musste man in einer solchen verzweifelten Lage den Offenbarungseid leisten. Der wäre auch in diesen, unseren Zeiten fällig.

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Politiker und ihre Zeit

Kaum ist sie in den Urlaub verschwunden, schon ist sie wieder da, die Kanzlerin. Ist sie erholt? Hat sie Zeit gehabt, über sich und ihre Arbeit nachzudenken? Konnte sie ein Buch lesen, spazieren gehen, ausschlafen? Fragen, die den Staatsbürger bewegen müssen, denn schließlich will er gut  regiert werden. Denn gute Arbeit hängt auch davon ab, dass es den arbeitenden Menschen gut geht. Darin vor allem sehe ich den Sinn von Gewerkschaften. Frau Merkel dürfte allerdings keiner Gewerkschaft angehören. Früher gab es mal eine, die sich um „Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr“ kümmerte. Zu der hätte sie gepasst.

Das Problem der Politik in diesen Zeiten ist, dass keiner sie so recht versteht. Aus den Medien strömen Bilder und Sätze auf uns ein, deren Zusammenhang sich nicht erschließen will. Wörter werden geboren und auf uns losgelassen, aber ein Sinn will sich nicht einstellen. Die Erklärung der Leerverkäufe in meiner Zeitung war unverständlich, die der Eurobonds kann es schon deshalb nicht sein, weil offenbar jeder etwas anderes darunter versteht.

Aber verstehen wenigstens die Politiker das, was sie tun und sagen? Woher haben sie die Zeit genommen, über ihre neuesten Ideen nachzudenken? Oder reden sie nur nach, was man ihnen auf einen Zettel geschrieben hat? Dann allerdings wären sie nur Marionetten – an wessen Faden?

Meine Forderung: Mehr Zeit für Politikerinnen und Politiker!