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Die Politik und das Volk

Nichts gegen das Volk; ich gehöre schließlich auch dazu. Aber derzeit wird viel von ihm erwartet. Jetzt soll es auch noch ganz schwierige Fragen entscheiden, Fragen, die nicht einmal die gewählten Verantwortlichen überzeugend beantworten können. Als da wären: Soll man – als Bürger des Landes Baden-Württemberg – dafür oder dagegen sein, dass in Stuttgart ein Tiefbahnhof gebaut wird? Soll man – als FDP-Mitglied – dafür oder dagegen sein, Griechenland und Europa und seine Währung zu retten? Soll man – als Grieche – dafür oder dagegen sein, von Europa gerettet zu werden, dafür aber große finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen?

Das sind gewichtige Fragen, die man unterschiedlich beantworten kann. Nun also soll das Volk die Antwort geben. Was Stuttgart 21 und den unterirdischen Bahnhof angeht, so gibt es dafür allerlei Gründe pro und contra. Wie sie zu bewerten sind, ist meist strittig. Ein Beispiel: Wird ein Ausstieg des Landes aus dem Projekt „nur“ 350 Millionen Euro kosten, wie die Grünen sagen oder „mindestens“ 1,5 Milliarden Euro, wie der Bahnchef sagt? Wer hat Recht? Wenn die Kosten ein Argument sind, dann sollte man auch als Volk in der Lage sein, Behauptung 1 von Behauptung 2 zu unterscheiden. Ich kann es nicht.

Ich weiß auch nicht, ob die Rettung Griechenlands notwendig und ein Zeichen europäischer Verantwortung ist oder eher eine finanzpolitische Dummheit, die uns auf Jahrzehnte belastet. Wahrscheinlich wissen es die Griechen nicht einmal selbst. Das Volk zu fragen ist ja ganz nett und wirkt demokratisch, aber eigentlich wird hier nur von der Politik der schwarze Peter dem Volk in die Hand gedrückt. Klüger ist die Mehrheit nicht immer.

2 Antworten auf „Die Politik und das Volk“

Das Volk ist eine Ansammlung von Menschen, die weder das Fachwissen noch die Voraussicht oder die Übersicht haben, die für solche Entscheidungen notwendig sind, denn dafür müssten diese jeden Tag Berge von Informationen auswerten, filtern und Zugang zu diesen überhaupt erst mal haben. Das aber ist eine Ganztagesarbeit (und daher machen das Leute, die genau dafür bezahlt werden, nämlich die Politiker). Wer also einem Beruf nachgeht, zur Schule geht und/oder keinen Zugang zu länderübergreifenden Informationen, Auswertungen und Statistiken hat, der kann hier gar nicht richtig entscheiden. Er/Sie kann nur mit dem Herzen oder dem Bauch entscheiden, das erste braucht man für die Partnerwahl das zweite für das Essen. Für Bahnhöfe oder Rettungsschirme taugt beides nicht. Daher sage ich, dass solche Abstimmungen schädlich und einer modernen spezialisierten Gesellschaft nicht angemessen sind.

Am letzten Sonntag hörte Hardy einen interessanten und sehr ausgewogenen Beitrag in SWR 2. Der Schluss des Beitrags gipfelte mit einem Zitat von MP Kretschmann zu den unterschiedlichen Kostenzahlen in der offiziellen Broschüre seiner Landesregierung zum Projektausstieg, wonach es letztlich darauf ankomme, wem der Abstimmende mehr Glauben schenkt. Wenn das so ist, lieber Kretsche, dann glaubt Hardy fest an die Unfähigkeit des Ministerrats.

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