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Das Gymnasium und seine Dehnübungen

Vor fast acht Jahren hat man in Baden-Württemberg das achtjährige Gymnasium flächendeckend eingeführt. Das erste Abitur dieses G 8 findet im kommenden Frühjahr statt. Dann hätte das aufwändige Nebeneinander neun- und achtjähriger Bildungsgänge ein Ende, hätte, hat aber nicht, denn die neue Regierung will das Alte zurück, das Nebeneinander von G 8 und G 9. Sie will es, weil es ihre Wähler angeblich wollen. Und wie will sie es?

Sie erlaubt im kommenden Schuljahr 22 Gymnasien (gut 5% also), ein Modell zur Dehnung von acht nach neun zu erproben. Da kommen mehrere in Frage: Man könnte (erstens) die Klassen 5 und 6 von zwei auf drei Jahre dehnen, also den Kindern einen gemütlichen Start ins Gymnasium ermöglichen. Man könnte (zweitens) die vier Schuljahre 7 bis 10 auf fünf dehnen und damit den Jugendlichen der Mittelstufe jene Zeit lassen, die sie zum Pubertieren brauchen. Leider sagen uns alle Lernstudien, dass in diesen Jahren nur wenig gelernt wird. Man könnte (drittens) das Naheliegende tun, also kein weiteres neues Modell ausprobieren, sondern die alte G-9-Version wieder einführen: sechs Schuljahre (5 – 10) in sieben Jahren (5 – 11). Das Problem wäre allerdings eine Vorgabe des Ministeriums. Es soll im neu-alten G 9 auf der Grundlage des G-8-Bildungsplans unterrichtet werden. Da wird ein Fehler von G 8 ins Gegenteil verkehrt. Manche Schulen haben nämlich gemeint, sie müssten im achtjährigen Gymnasium den alten G-9-Plan umsetzen. Dieser Denkfehler hat uns den Ärger bei G 8 beschert. Man hat in diesen Schulen den alten Wein (Bildungsplan für G 9) in einen kleineren Schlauch (acht Jahre) gekippt. Der hat dann prompt an Überfüllung gelitten und ist fast geplatzt. Jetzt soll man einen neuen Wein (den G-8-Plan) in den alten Schlauch (neun Jahre) gießen. Dieser Schlauch wird ein bisschen schlaff bleiben.

Schön wäre es, wenn die Modellschulen sich etwas ganz Neues ausdächten!