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Trotz und der Dativ

Regiert die Präposition „trotz“ den Genitiv oder den Dativ? Die Frage erscheint abwegig und unwesentlich angesichts der europäischen Finanzkrise, der Lehrerarbeitslosigkeit oder des Higgs-Teilchens. Mit all diesen Problemen hat die trotz-Frage eines gemeinsam: ihre Ungeklärtheit.

Beginnen wir mit der Reaktion von U. Warnke auf eine Sendung in SWR2 über Stefan Mappus: weil ich den SWR2 als Kultursender sehr schätze, in dem auch die Sprachkultur ein Zuhause hat, war ich heute doch erstaunt, dass Sie in besagter Sendung die Formulierung „trotz mangelndem Tatverdacht“ gebrauchten und damit den Buchtitel Ihres Kollegen Sebastian Sick bestätigten, der da lautet: ‚Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“.

Auf diese ihm zugesandte Einlassung reagierte der Blog-Schreiber wie folgt: ich widerspreche Ihnen ungern, aber manchmal gereicht auch der Genitiv dem Dativ zum Schaden. Was an „trotz mit Genitiv“ schön sein soll, erschließt sich mir nicht. Lange haben wir im Süden gut mit dem Dativ hinter dieser Präposition gelebt, was sich an „trotzdem“ oder „trotz allem“ oder dem politisch konnotierten „trotz alledem“ noch gut ablesen lässt. Aber die Norddeutschen haben diese Tradition zunichte gemacht.

Hierauf Warnke: Schönheit liegt im Auge des Betrachters, und nur dort. So kommt es, dass sich Ihnen (als Süddeutschem?) „trotz mit Genitiv“ nicht als „schön“ erschließt, mir als Norddeutschem aber sehr wohl und ausschließlich (sic!). Ich kenne es nicht anders und würde es auch heute noch (Gott sei Dank ist die Zeit vorbei) jedem/r Schüler/in anstreichen (sic!) oder zumindest als die „schönere“, „bessere“ Variante empfehlen). Mein Sprachgefühl empfindet „trotz mit Genitiv“ als „schön“‘ und „elegant“, mit Dativ aber als „ruppig“ und „ungehobelt“. Das ist, ich muss es zugeben, eine ganz und gar subjektive Prägung.“

Dazu noch drei Bemerkungen: (1) Schüler sollten nicht das Opfer sprachlicher Gefühle ihrer Lehrer werden. (2) Die Vielfalt grammatischer Phänomene ist ein Segen, kein Fluch. (3) Der SRW hat sich gegen die Warnke-Attacke nicht gewehrt, sondern klein beigegeben. (4) Sick hat auch nicht immer recht. (5) Häcker schrieb an Warnke, den Kämpfer wider den Dativ bei ‚trotz‘, noch dieses: „trotz“ hat auch was mit „Trotz“ zu tun; dazu ein Lied, getextet von Johann Sebastian Bach: „Trotz dem alten Drachen, / trotz (Trotz) dem Todes Rachen, / trotz (Trotz) der Furcht darzu!“