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Iglu und der Durchschnitt

„Wir haben unsere hohe Position halten können.“ Das sagen die Verantwortlichen über das deutsche Ergebnis beim Vergleichstest IGLU, dem PISA-Test für die Grundschulen. Diese „hohe Position“ liegt etwas oberhalb des Durchschnitts, aber nicht etwa im Spitzenbereich. Dort rangieren asiatische Staaten mit großem Vorsprung. Das war auch beim letzten Test so. Hätte man nicht erwarten können, dass wir in der Bildung deutlich besser als der Durchschnitt sind? Wir wollen ja auch sonst zu den Besten gehören.

In einem Bericht auf ZEIT-online steht: „Allerdings gebe es auch deutliche Anteile von Kindern, die in den drei Bereichen (Lesen, Schreiben, Rechnen) so schlecht seien, dass sie in der Sekundarstufe I Probleme bekommen dürften.“ Mit anderen Worten: Es gibt Kinder, die verlassen die Grundschule mehr oder weniger als Analphabeten.

Weiter ist zu lesen: „Und es gebe im internationalen Vergleich teils weniger Kinder in der obersten Kompetenzstufe.“ Das macht manchen tatsächlich Sorgen. Die münden in einen bemerkenswerten Satz: „Wir vergeuden unsere Talente.“ Darf man das eine Schande nennen?

Dann folgt eine Banalität: „Wie in allen Ländern erzielen bei der Studie Kinder aus sozial bessergestellten Familien höhere Leistungen. Hier liege Deutschland international im Mittelfeld.“ Nicht genug, dass wir den schwächeren Kindern den falschen Unterricht bieten, auch den leistungsfähigeren verweigern wir offenbar die richtige Förderung. Lasst endlich die Herumschusterei am Schulsystem und befähigt die Lehrer der Grundschulen zu erfolgreichem Unterricht.

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Die S 60 und das Schnupperfahren

Der 8. Dezember war – obwohl ein Samstag – rot im Kalender angestrichen. Der Grund: Der Abschluss eines Vierteljahrhundertwerks ereignet sich, die S 60 nimmt ihre regelmäßige Fahrt von Böblingen nach Renningen auf. Vom Nachmittag bis in die späte Nacht sind die Bürger zu Schnupperfahrten eingeladen. Wer will sich das entgehen lassen?

So schreiten wir denn, Großvater, Vater und Enkel hoffnungsfroh zum neuen Haltepunkt Maichingen Nord. Es ist bereits dunkel, aber der Bahnsteig ist hell erleuchtet. Es gibt einen Aushang mit dem Fahrplan, der ab Sonntag (9.12.) gilt und einen, der für den Tag des Schnupperns eigens erstellt wurde. Drei Mitarbeiter der Bahn, Kundenberater ihres Zeichens, warten auf die Kunden, die mal S 60 schnuppern wollen. Aber es gibt nichts zu schnuppern.

Die Anzeige funktioniert. Sie kündigt das Kommen eines Zuges nach Renningen binnen weniger Minuten an. Aber die Minuten verstreichen, keine Bahn kommt. Es gebe ein Problem auf der Strecke, sagen die Berater, aber Genaues wüssten sie leider auch nicht. Das Internet meldet keinerlei Störung auf der neuen Strecke. Der Lautsprecher ist installiert, aber er spricht nicht laut, sondern bleibt stumm. Es sei wohl eine Weiche vor Renningen defekt, heißt es nun – die Kälte, man müsse das verstehen. Wir verstehen: Unter 0 Grad funktionieren manche Weichen nicht mehr. Nach fast einer halben Stunde Wartezeit resignieren wir. Andere wollen noch ausharren. Als wir 100 m vom Bahngleis entfernt sind, kommt eine S 60 – auf dem anderen Gleis. Wer mitfahren will, kann, treppab, treppauf, die andere Seite erreichen; vielleicht wartet die Bahn auf ihn. Von der Ferne ist nicht auszumachen, ob alle Schnuppergäste rechtzeitig da waren. Der Zug entschwindet in Richtung Magstadt.

Wenn die Generalprobe scheitert, heißt es, wird bei der Premiere, morgen also, alles gut. Oder sollen wir dieses Missgeschick als Zeichen deuten und auf andere, größere Projekte der Bahn übertragen?