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Das Gymnasium und sein Ende

Die Dame Moritz von der GEW hat jetzt gesagt, was alle Skeptiker schon lange ahnen: das Gymnasium werde irgendwann verschwinden, weil man es nicht mehr brauche. Wenn alle in die gleiche Schule gingen, die Gemeinschaftsschule, dann sei das Gymnasium schlicht entbehrlich. Natürlich werde das nicht von heute auf morgen geschehen, sondern noch ein paar Jahre dauern. Aber das Ziel ist für die gewerkschaftliche Dame klar: Das Gymnasium muss weg; Rot-Grün habe dafür zu sorgen. Der neue Kultusminister Stoch schweigt dazu. Seine Kinder sind in der Waldorf-Schule.

Nun ist eine Ankündigung noch keine Realität, aber Ankündigungen schaffen Realität, indem sie sich in den Köpfen festsetzen. Was einst sein soll, wird mental schon mal vorweggenommen. Das politische Handeln wird sich danach ausrichten: eine finanziell starke Förderung der Gemeinschaftsschulen bei gleichzeitigem ökonomischen Verhungern-Lassen der Gymnasien.

Der Prozess wird wehtun. Man kann sich die kulturkämpferischen Aktionen der einen und der anderen Seite gut vorstellen. Es wird geschehen, was immer geschieht. Der Kampf um den Erhalt des Gymnasiums oder um dessen Vernichtung wird dafür sorgen, dass die von den Bildungsforschern immer wieder angemahnte Weiterentwicklung des Unterrichts in den Hintergrund tritt. Im Krieg gelten andere Prioritäten. Düstere Aussichten sind das.

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Täuschung und Häufung

Jeder Tag bietet eine neue Aufregung; der gestrige brachte die Aberkennung eines Doktortitels. Die Beraubte ist prominent: Dr. Annette Schavan, einst Kultusministerin in Baden-Württemberg, derzeit (noch?) Bildungsministerin im Kabinett Merkel. Sie habe in ihrer Dissertation absichtlich und in gehäufter Weise „getäuscht“, sagt die Universität Düsseldorf.

Die Stuttgarter Zeitung benutzt in ihrem heutigen Kommentar (7.2.13) einen schulrechtlich falschen Vergleich. Wer bei einer Klassen- oder Prüfungsarbeit abschreibe, brauche sein Werk erst gar nicht mehr abzugeben, er bekomme – muss man wohl ergänzen – eh eine Sechs. Dem ist nicht so. Vielmehr hat der Prüfer/Lehrer abzuschätzen, in welchem Ausmaß getäuscht wurde und auf der Grundlage dieser Einschätzung Punkt- oder Notenabzüge vorzunehmen. Die Sechs ist die Ausnahme. Sie ist zu geben, wenn in großem Umfang und mehrfach getäuscht wurde.

Ist Schavan so eine Täuscherin gewesen? Der Schreiber dieses Blogs kann das nicht beurteilen, aber er weiß, wie es einst war, wissenschaftliche Arbeiten zu verfassen. Da war eine Fähigkeit gefragt, die heute vergessen ist, das Exzerpieren. Bei der Vorbereitung musste man jene Stellen, die man als Zitate verwenden wollte, in Windeseile (Ausleihzeit begrenzt!) abschreiben, die bibliografischen Angaben und die Seitenzahlen korrekt notieren und durfte nicht vergessen, bei zusammenfassenden Notizen alle Anführungszeichen dort zu setzen, wo das Resümee auf Wörtliches zurückgriff. Dann kam das Zitat oder die zusammenfassende Formulierung möglichst unverändert ins handschriftliche Konzept der Arbeit. Dieses musste dann mit einer Schreibmaschine ins Reine übertragen werden. Wer da keine Fehler machte, war ein Übermensch.

Ich behaupte, dass man, würde man sie denn überprüfen, in allen Arbeiten jener Epoche gehäuft als „Täuschung“ zu Deutendes finden würde.

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Stuttgart und sein Bahnhof

Freimütig bekennt Häckerling, dass er sich in seinem Blog lange nicht mehr mit Stuttgart 21 beschäftigt hat. Irgendwann – vor einigen hundert Beiträgen – verstieg er sich zu der Prophezeiung, der Bahnhof werde nicht gebaut. Wenn man die aktuellen Berichte liest, sieht es tatsächlich so aus. Verwiesen sei auf die Stuttgarter Zeitung vom 5.2.13 und ZEIT-online, wo der Artikel inhaltlich übernommen wird. Offenbar, so verstehe ich die Texte, muss man damit rechnen, dass der Bund seine Tochter, die Bahn, ins Gebet nimmt und sie zum Zwecke der Kostensenkung um die Vorlage neuer Pläne bittet. Über diese Entwicklung werden die Gegner von S 21 in Jubelschreie ausbrechen. Worüber jubeln sie?

Sie freuen sich, dass der gehasste Tiefbahnhof nicht kommt. Aber sie freuen sich vermutlich zu früh darüber, dass statt dessen der Kopfbahnhof irgendwann in neuem Glanz erstrahlen wird. Falls es tatsächlich dazu kommt, dass S 21 gestoppt wird, steht eine lange Zeit des Stillstands an. Denn nun wäre zu klären, was man mit dem baulichen Wrack im Zentrum der Stadt machen soll. Es würden neue Pläne zu erstellen sein, neue Genehmigungsverfahren und langwierige Bürgerbeteiligungen stünden bevor. Neue Verhandlungen zur Verteilung der Kosten wären fällig. Komplizierte Rechtstreitigkeiten über Schadenersatzfragen müssten durch alle Instanzen.

Kurzum: Für eine jahrzehntelange Ruhephase in Stuttgarts Mitte wäre gesorgt. Die Bahnreisenden hätten in dieser Zeit weiterhin das Vergnügen, in einer zugigen, maroden Bauruine von strittiger Schönheit auf verspätete Züge warten zu dürfen.