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Kirchendistanz

Die Zeitungen haben, den Evangelischen Pressedienst zitierend, von einem wachsenden Bedeutungsverlust der protestantischen Kirche berichtet. 32 Prozent der zahlenden Mitglieder fühlen sich ihr nur „schwach verbunden“. Das scheint sogar bei den Kirchenleitungen zu einem fragenden Stirnrunzeln zu führen.

Als einer, der seit fast 72 (seit seiner Taufe halt) Mitglied der evangelischen Landeskirche Württembergs ist, die Badener leisten sich eine eigene, wundere ich mich nicht über dieses wachsende Desinteresse. Wenn man nicht ab und zu in den Gottesdienst ginge, würde man kaum etwas von dieser Kirche hören, und das nicht nur, weil ihr ein Medienstar wie der Papst fehlt. In den Medien kommt sie nur am Rande vor. Was sie zu sagen hat, scheint denen offenbar irrelevant.

Und die Predigt, das Kernstück des evangelischen Gottesdienstes? Sie sind – von den rühmlichen Ausnahmen, die es gibt, einmal abgesehen – entweder langweilig oder oberflächlich, naiv oder dumpf einseitig und vor allem: sprachlich ohne Glanz. Es gelingt darin nur selten, das biblische Wort für die heutige zum Leuchten zu bringen. Die Texte sind weit weg von der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Die christliche Botschaft wird brav abgeliefert. Man fragt sich manchmal, ob diese Art der „Vorlesung“ im 21. Jahrhundert noch angesagt ist.

Ein besonders trübes Kapitel ist die Ausdünnung der Pfarrstellen. Wenn ein Geistlicher geht, bleibt seine Stelle lange unbesetzt oder sie wird einfach gestrichen. Das nennt man Sparen. Aber es ist der Untergang vieler Gemeinden.

Noch trübere Erfahrungen habe ich mit der kirchlichen Verwaltung gemacht. Die obere hat keine Zeit, die untere Verwaltung leidet an Kompetenzdefekten. Fragen werden nicht beantwortet, E-Mails bleiben ohne Reaktion, Listen sind falsch geführt, Informationen unzulänglich, die Internet-Auftritte sind veraltet oder funktionieren nicht. Trostlos – und dabei soll die Kirche eine Quelle des Trostes sein.

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Rasputin

Der in der Überschrift Genannte spielte eine wichtige Rolle am russischen Hof zur Zarenzeit. Manche sahen in ihm einen Heiligen. Er war eine Art geheimdienstlich Tätiger, der dem Herrscherhaus mit guten und schlechten Ratschlägen half und schadete. Er kam aus dem bäuerlichen Milieu und fand ein schlimmes Ende – wie auch die Zarenfamilie. Dem Kommunismus galten Menschenleben bekanntlich wenig.

Inzwischen hat Russland sich dem Vernehmen nach vom Kommunismus befreit und wieder eine eher zaristische Herrschaftsform angenommen. Es hat sich einen Präsidenten gegeben, dem zum Rasputin nur drei Buchstaben fehlen, der aber viel mächtiger ist als der Geistheiler am Hof des Zaren. Auch er wird von manchen wie ein Heiliger verehrt, tut er doch alles, um Russland zur Weltmacht aufzuhübschen.

Opfer seiner herrschaftlichen Tätigkeit gibt es allenthalben, zum Beispiel in Russland, wo alle, die gegen ihn sind, in Lagerhaft kommen. Welcher Vorteil für ihn, dass bis jetzt noch keiner auf die Idee gekommen ist, diese Arbeitslager abzuschaffen! Sie gehören zu den Konstanten der russischen Geschichte.

Andere Opfer seiner Muskelspiele leben in der Ukraine. Weil die einen durch und durch korrupten Präsidenten abgesetzt haben, werden sie mit militärischen Schaugefechten und einer Verteuerung der Energiekosten bestraft. Wer sich mit dem neuen Zaren anlegt, hat nichts mehr zu lachen.

Lachhaft ist nur, wie sich das übrige Europa verhält. Es ist ratlos. Es hat bisher keinen Plan für den Umgang mit dem Spieler von Moskau. Es wollte ihm heimlich die Ukraine abluchsen und wundert sich nun, dass er seine gut trainierten Muskeln spielen lässt. Aber vielleicht hat unser vielgeliebter Steinmeier ja eine Idee. Angeblich ist er ja ein viel besserer Außenminister als sein Vorgänger.

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Schulkonferenz

Sie haben es angekündigt, nun wollen sie es tun, die Grün-Roten: die Zusammensetzung der Schulkonferenz ändern. Bisher verteilten sich die 13 Sitze so: Schulleiter oder Schulleiterin, 6 Lehrkräfte, 3 Eltern-, 3 Schülervertreter. Nun soll die Drittelparität eingeführt werden: neben dem Schulleiter, der Schulleiterin je 4 Lehrkräfte, Eltern- und Schülervertreter. Das wird vom Kultusministerium als Demokratisierung verkauft.

Die Schulkonferenz ist das höchste Beschlussgremium der Schule. Sie kann eigene Beschlüsse fassen, z. B., ob samstags schulfrei sein soll oder nicht, kann Beschlüsse der Gesamtlehrerkonferenz stoppen, z. B. ob bestimmte außerunterrichtliche Veranstaltungen (Schullandheim, Schüleraustausch, Studienfahrt und dergleichen) stattfinden oder nicht, sie bestimmt z. B. beim Schuletat mit, bei der Hausordnung oder bei der Weiterentwicklung der Schule.

Was bedeutet es, wenn nun die Lehrenden in der Minderheit sind? Dass sie, die als Einzige gezwungen werden können, einen Beschluss umzusetzen, unliebsame Entscheidungen nicht mehr stoppen können. Elternvertreter können jederzeit ausscheiden, Schüler das Abitur machen, die Schule wechseln, umziehen. Die Lehrkräfte und die Leitung sind an das Beschlossene gebunden und müssen es auch dann „ausbaden“, wenn jene, die es gewollt haben, längst über alle Berge sind.

Nun könnte man sagen, dass die Partei der Lehrenden sich eben um Koalitionen und Kompromisse kümmern müsste, um unerwünschte Beschlüsse zu verhindern. Das aber wird nicht immer gelingen. Manche erinnern sich noch an die frühen 90er-Jahre, als es über die außerunterrichtlichen Veranstaltungen zu unerquicklichem Streit kam und eine Vermittlung zwischen den Partnern nicht mehr möglich war.

Ich fürchte, dass diese Änderung der Schulgesetzes die Mitbestimmungsrechte eher schwächen wird, denn ein cleverer Schulleiter wird die Schulkonferenz bei kritischen Themen eher außen vor lassen.