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Kopfverhüllung

Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen, aber damit hat die Causa noch kein Ende. Die Praxis beim religiös motivierten Tragen des Kopftuchs wird noch für manchen Wirbel sorgen. „Grundsätzlich“ dürfen es die Schulverwaltungen muslimischen Lehrerinnen beim Unterricht nicht mehr verbieten. Doch wenn der Schulfrieden in Gefahr ist, wird es kritisch. Wann ist das der Fall? Wie vieler Empörter bedarf es, dass die Schule sich im „Kriegszustand“ befindet? Wer stellt diese Störung fest und nach welchen Kriterien? Die Zeitung meldet, dass 70% aller Deutschen nichts gegen Lehrerinnen mit Kopftuch haben. Also sehen 30% darin ein Problem. Die können in einer Klasse gehäuft auftreten, in einer anderen ganz fehlen. Muss die Schulleitung vor der Zuweisung des Lehrauftrags Eltern und Schüler fragen, ob sie zum einen oder anderen Typ von Klasse gehören? Und was ist, wenn sich in einer zunächst friedlichen Klasse die Stimmung ändert. Gibt es dann einen Lehrerwechsel? Wird die Lehrerin mit Kopftuch versetzt, wenn es in einer Schule zu viel Widerstand gegen sie gibt? So einfach also lässt sich das Urteil nicht umsetzen. Die Landesregierung will offenbar den § 38 des Schulgesetzes ändern. Warum eigentlich? Darin kommt das Wort „Kopftuch“ (Hidschab, Al-Amira, Chimar, Tschador …) nicht vor. Er untersagt nur ein Verhalten, das den Eindruck erweckt, wesentliche Werte des Grundgesetzes (zum Beispiel die Gleichberechtigung von Mann und Frau) in Frage zu stellen. Man darf gespannt sein, welche Antwort die Landesregierung auf die Kopftuchfrage findet. Die Gretchenfrage (Wie hast du’s mit der Religion?) ist in der baden-württembergischen Landesverfassung längst zugunsten des Christentums entschieden.

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Eingeschlossene

Die baden-württembergische Landesregierung hat dieser Tage ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Inklusion an den allgemein bildenden Schulen befördern soll. Gemeint ist mit Inklusion der gemeinsame Unterricht von Kindern ohne und solchen mit „Behinderung“. Das Wort ist inzwischen „verpönt“, weil es diskriminiere, aber sinnvolle Ersatzbegriffe fehlen. Doch auch das Wort „Inklusion“ hat seine Tücken. In der Chemie z. B. bezeichnet es den „Einschluss von Fremdsubstanzen in Kristallen“.

Könnte es sein, dass es den behinderten Kindern in „normalen“ Schulklassen ähnlich ergeht? Dass sie in ihnen eingeschlossen sind oder sich so fühlen, sich nicht mehr bewegen können wie die „Fremdsubstanzen“ in den Kristallen? Ganz so schlimm wird es wohl nicht werden, aber auf die leichte Schulter nehmen darf man die Aufgabe der Inklusion nicht. Von Lehrern, die sich oft schon mit 28 „Normalen“ bis an ihre Belastungsgrenze quälen müssen, zu verlangen, dass sie den ein oder zwei körperlich oder geistig Gehandikapten in der Klasse sensibel begegnen, ihnen in jeder Hinsicht „gerecht“ werden, auf sie in ganz besonderer Weise achten, das ist eine Herkulesaufgabe. Leider aber sind viele Lehrkräfte nicht so stark wie der sagenhafte Herkules, sondern eher durchschnittlich kräftig. Sie kommen oft an ihre Grenzen, überschreiten sie gar; sie werden körperlich und psychisch krank, weil sie sich überfordert fühlen und weil sie sich auch noch vorwerfen, die gestellten Aufgaben nicht zu erfüllen.

Das Unterstützungssystem muss also ziemlich umfangreich werden, wenn die Inklusion gelingen soll. Misslingt sie, leiden alle darunter, die Lehrer, die Eltern und vor allem die Schüler, seien sie nun behindert oder nicht.