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Schuljahresbeginn

Heute, am 14. September 2015, beginnt in Baden-Württemberg das neue Schuljahr. Das könnte Routine sein, wenn da nicht der Zuzug vieler Menschen mit Fluchthintergrund wäre. Derzeit hören wir alltäglich von großen Gruppen, die von hier nach da geschoben werden. Aber irgendwann werden diese Gruppen kleiner und nach der letzten Etappe ihrer Odyssee in irgendeiner deutschen Stadt ankommen und als einzelne Familien in irgendwelchen behelfsmäßigen Behausungen untergebracht werden – und warten. Ihre Kinder aber sind schulpflichtig. Sie kommen in Schulen, die mit den Neuen nicht auf Anhieb klarkommen werden. Es fehlt den Jungen und Mädchen an Sprachkenntnissen, es mangelt ihnen an Kenntnissen der selbstverständlichen hiesigen Routinen. Zum Glück sind Kinder lern- und anpassungsfähig. Ob es ihre Eltern auch sind? Wir können es nur hoffen. Dass es aber ganz von selber alles gut geht, können nur Naive glauben. Es bedarf kluger Konzepte der Integration. Unsere Gesellschaft und unsere Schulen haben jetzt die Chance, jene Fehler zu vermeiden, die man bei anderen Migrationsgruppen gemacht hat. Aber zum Glück sind nicht nur Kinder, sondern auch Sozietäten lernfähig. Es wird Rückschläge geben, auch Konflikte und allerlei Frust. Aber, sorry, den gibt es in der Schule und auch sonst eh jeden Tag. Wer Lehrer ausbildet, sollte sie so professionell ausbilden, dass sie mit Enttäuschungen und Ärgernissen umzugehen verstehen. So bietet das neue Schuljahr doch einiges Neue. Einen Grund zum Trübsinn sehe ich darin nicht.

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Kindestod

Selten war die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis so groß wie derzeit in der Flüchtlingsfrage. Theoretisch stimmen Sätze wie „Wir können nicht alle aufnehmen“, „Die Probleme müssen im Ursprungsland gelöst werden“, „Wenn man die Flüchtlinge nicht abschreckt, kommen immer mehr“, „Wir können unsere Bürger nicht überfordern“. Das lässt dich leicht sagen und es ließe sich auch durchsetzen, wenn es die Bilder nicht gäbe. Man müsste die Diskussion abstrakt führen, etwa im Stile des unseligen „Besinnungsaufsatzes“ oder in der Art der quälend-arroganten Diskussionen in der gymnasialen Oberstufe, dann könnten Sätze wie die oben ihre Wirkung entfalten. Aber es gibt die Bilder, die Einzelschicksale. Man sieht Menschen zwischen Gleisen liegen, in überfüllten Zügen, randvollen Booten, sie steigen über Grenzzäune und sie zeigen ihre Fahrkarten. Wir werden mit Gesichtern konfrontiert, die Angst und Verzweiflung ausdrücken. Wenn man die Augen schließt und auf die Fernsehnachrichten verzichtet, können die Sätze von oben noch ein Weile halten. Aber dann sieht man das tote Kind am Strand und die Flüchtlingstheorie gerät ins Wanken. Ein totes Kind ist kein „Argument“ in einem Aufsatz, sondern eine Realität, die den anderen Satz, die andere Frage stellen lässt: „Hätte man dieses Kind nicht retten können?“ Sätze wie die oben helfen bei der Beantwortung nicht weiter.