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Wendtemanöver

Das Beamtenrecht ist offenbar ziemlich dehnbar, Diesen Eindruck erweckt die Geschichte eines Polizisten, der durch Aussagen auffällt, die der Alternative für Deutschland gut anstünden, die er aber als Vertreter einer Gewerkschaft ablässt. Nun darf bei uns bekanntlich jeder sagen, was er will, ob es stimmt oder nicht, ob er Polizist ist oder Politiker. Das Besondere am Fall Wendt aber ist, dass der Staat den Gewerkschaftsvertreter dafür bezahlt. Dazu aber fehlt die Rechtsgrundlage im Beamtenrecht, wie wir jetzt erfahren mussten. Der Polizist ist nicht, wie es die Regelungen für die Personalvertretung vorsehen, als gewählter Personalrat teilweise und auf Zeit vom Dienst freigestellt worden, sondern er vertritt eine Gewerkschaft. Von der bekommt er eine „Aufwandsentschädigung“. Gleichzeitig wird er als Beamter bezahlt, und zwar für einen „Dienst“, den er nicht erbringt. Das ist dreist. Und es mutet noch dreister an, dass dies seit Jahren so der Brauch ist. Nichts gegen die Gewerkschaften; sie sind wichtig, sie erfüllen für ihre Mitglieder wichtige Aufgaben. Sie sind auch nicht arm und können ihren Funktionären ordentliche Gehälter zahlen. Muss der Steuerzahler das Gewerkschaftswesen finanzieren? Nein, muss er nicht, darf er auch nicht, denn das würde die Unabhängigkeit der Gewerkschaften beschädigen. Aber in einem Staat (die Bundesrepublik Deutschland), wo ein ethisch fragwürdig handelnder Autokonzern (VW) von Gewerkschaftlern maßgeblich gesteuert wird und wo ein Land (Niedersachsen) im Aufsichtsrat sitzt, sind die Grenzen zwischen Wirtschaft, öffentlicher Hand und Gewerkschaften derart verwischt, dass man sich über den Wendt-Fall gar nicht zu wundern braucht.

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Dauerfaschisten

Einmal Faschist, immer Faschist. Wie schön, wenn man eine so treffliche Angriffsfläche bietet wie die Deutschen. Alle Welt darf uns Faschisten und Nationalisten nennen und wir dürfen uns nicht wehren. Das Dumme ist, dass man uns mit solchen Attacken in die rechte Ecke treibt und just jene Kräfte stärkt, die unser Land in diese Richtung treiben möchten. Dass Putin dieses Spiel mit uns spielt, wissen wir seit einiger Zeit. Nun hat sich auch der große Türke Erdenwahn als Deutschland-Beschimpfer betätigt. Clever ist seine Attacke allemal: Wenn wir seine Propaganda-Minister hier auftreten lassen, unterstützen wir seine Politik der Rückkehr zu den Zeiten vor Atatürk, wenn wir die Auftritte untersagen, unterstützen wir ihn auch, vielleicht sogar noch mehr, weil wir ihm Munition liefern gegen jene, die seine Verfassungsreform ablehnen. Früher nannte man eine solch ausweglose Situation „tragisch“: Was immer man auch tut, man macht einen Fehler. Jede Entscheidung ist falsch und hat schlimme Folgen. Das ist endlich mal eine echte Herausforderung für unsere Spitzenpolitiker. Sie müssen zeigen, dass wir keine Faschisten sind, dass wir Demokratie auf allen Ebenen praktizieren, dass wir nicht ausflippen, auch wenn man uns übel beschimpft, dass wir diplomatisch reagieren und nicht nach dem Motto: Wie du mir, so ich dir. Wir Bürger werden uns natürlich ärgern, wenn das so läuft. Aber wer den verständlichen Reflex unterdrücken kann, dem Erdenwahn mit brachialen Mitteln Einhalt zu gebieten, der ist wahrhaft ein guter Politiker. Wir andern dürfen uns heimlich still und leise ein paar faschistische Gedanken gönnen. Zum Beispiel: Schickt doch alle Türken nach Hause! Brecht die diplomatischen Beziehungen zur Türkei ab! Macht sie mit wirtschaftlichen Sanktionen kaputt! Aber solche Aktionen wären dumm und eine Bestätigung unserer rechtsradikalen Gesinnung. Also, liebe Politiker, nehmt Abstand davon!