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Verlorene Orientierung

Mit dieser Überschrift locken die Stuttgarter Nachrichten zur Lektüre eines Interviews mit dem Bildungsforscher Ulrich Trautwein. Er stellt darin fest, dass der Niedergang des baden-württembergischen Schulsystems schon vor zwei Jahrzehnten begonnen habe. Häckerling meint, er habe sich schon in den 1990er Jahren abgezeichnet. Trautwein nennt drei Faktoren, die erfolgreichen Unterricht ausmachen. Ich greife den erstgenannten heraus, das Classroom-Management. Einfacher ausgedehnt: Wie viel Zeit bleibt für den eigentlichen Unterricht im Klassenzimmer übrig, wenn man die üblichen „Zeitfresser“ abzieht: das Zuspätkommen der Lehrkraft (üblich sind mindestens drei Minuten), den Abbau des Chaos zu Beginn der Stunde (keiner sitzt an seinem Platz), die Überprüfung der Anwesenheit („Weiß jemand, warum Fritz fehlt?“), den Kampf gegen Störungen durch Schwätzen und Unaufmerksamkeit, Durchsagen der Schulleitung (“Ich bitte das Kollegium in der großen Pause zu einer Besprechung ins Lehrerzimmer“), allerlei organisatorischen Kleinkram (Einsammeln von Entschuldigungen oder unterschriebenen Zetteln), sinnlose oder auch sinnvolle Schülerfragen, die Anteilnahme an Schülerproblemen („Otto hat mich geschubst“). Nicht dass dies alles unnötig wäre, ein gutes Klassenklima ist eine notwendige Bedingung für gelingenden Unterricht, aber alles zusammen reduziert die eigentliche Unterrichtszeit deutlich, es schadet der Konzentration und lässt die Lehrkraft am Ende den “Classroom” in dem Gefühl verlassen, wieder einmal das intendierte Pensum nicht geschafft zu haben. Hier bedarf es größerer Bewusstheit und organisatorischer Ideen. Man könnte ab und zu einen Schüler oder besser eine Schülerin beauftragen, die Netto-Unterrichtszeit einer Schulstunde zu messen und über die Unterbrechungen buchzuführen.

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Unfeierliche Osterfragen

Manche tun sich schwer mit diesen christlichen Festtagen, Karfreitag und Ostern, von denen sogar Politiker behaupten, sie gehörten zu Deutschland. Die grüne Jugend zum Beispiel gehört zu diesen Ratlosen. Sie hat an Karfreitag eine Demonstration anberaumt, mit der sie ihrer Forderung, an Karfreitag tanzen zu dürfen, Nachdruck verliehen hat. Damit hat sie just am selben Tag einigen Polizisten zu (hoffentlich gut bezahlter) Feiertagsarbeit verholfen. Ein anderes Festproblem war noch größer: eine nichtchristliche Gruppe wollte den englischen Jesus-Klassiker „Das Leben des Bryan“ zeigen. Damit ist sie auf den entschiedenen Widerstand der evangelischen Kirchenleitung in Württemberg gestoßen. Das gehe gar nicht, ein Film, der sich dem Karfreitagsgeschehen satirisch nähert, wo ein Mensch gekreuzigt wird, eine Art Stellvertreter Jesu. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Kirchenmenschen den Film überhaupt kennen. Eigentlich hätten sie froh sein müssen, dass Kirchenfernen auf diese Weise die biblische Geschichte näher gebracht wird. Aber nein, sie haben ein Verbot der Filmvorführung erreicht. Ob die grüne Jugend am nächsten Karfreitag tanzen darf? Aber vielleicht erreicht sie ja ein anderes Ziel: das Ende des Fastenmonats Ramadan zum Feiertag zu erklären. Mit Tanz oder ohne?