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Verräterischer Komparativ

Volkswagen will endlich ehrlich und anständig werden. Nein, das wäre eine Falschmeldung: Es will ehrlicher und anständiger werden. Das ist ein Zeichen von Unehrlichkeit und Unanständigkeit. Ziele im Komparativ zu formulieren hat den Vorteil, dass selbst die kleinste „Verbesserung“ gegenüber dem Ausgangszustand als Zielerfüllung verkauft werden kann. Bewertet man den derzeitigen Anständigkeits- und Ehrlichkeitsgrad des Autobauers mit „mangelhaft“, also „5“, und stünde er nach der Kampagne bei „4 bis 5“, dann wäre zwar objektiv so gut wie nichts erreicht, in der Performance aber stünde der Vorstand erfolgreich da. Erwarten wir also nichts von dieser Firma, die in Sachen betrügerischer Manipulation einen Spitzenplatz innehat. Nie und nimmer werden die Aktionäre es zulassen, dass sich daran etwas ändert. Denn offenbar kann man mit Betrug reich werden. Da zahlt der Konzern in den USA Milliarden an den Staat und die Käufer ihrer Produkte und dennoch ist der Gewinn höher denn ja. Ein Wirtschaftswunder? Nein. Wer seine Autos überteuert verkauft, verdient viel Geld mit ihnen. Und wir sind ja so blöd und zahlen diese horrenden Preise. Wir werfen diesen Betrügern das Geld in den Rachen und wiegen sie in Sicherheit. Warum? Wir sind treue Kunden. Auch Häckerling ist einer, das gibt er zähneknirschend zu. Aber das macht ihn wütend. Er hat ein Leben lang einen VW gefahren, hat anständig und ehrlich zigtausende Mark und später Euro bezahlt. Jetzt steht er vor den ethischen Trümmern seiner Autofahrzeit. Wenn der Konzern in Sachen Anstand und Ehrlichkeit 2020 bei „ausreichend bis mangelhaft“ steht, muss er noch zufrieden sein.