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Politische Konzeptkunst

Die große Koalition will Größe zeigen und zur Sacharbeit zurückkehren. Vorher hat sie sich an strittigen Personalfragen und dem Seehofer-Egotrip abgearbeitet. Mangelnde Arbeitslust kann man ihr also nicht vorwerfen. Zumal sie auch an den Wochenenden tätig ist, wo die anderen arbeitenden Menschen nach Erholung suchen. Das Besondere an der Groko-Sacharbeit ist, dass sie nicht im Kabinett, sondern in Dreierrunden stattfindet. Nach dem letzten Arbeitswochenende wurde den Bürgern die Einigung in zwei Punkten verkündet: der Dieselfrage und der Einwanderung. Allerdings bekamen beide Ergebnisse die Bezeichnung „Konzept“. Nicht nur für Lehrer heißt das: Es ist ein Entwurf, die Reinschrift folgt noch, sie wird sich vom Konzept unterscheiden. In den Tagen nach der Konzeptbekanntgabe ergab die Exegese der Entwürfe durch die „interessierte Öffentlichkeit“, dass sie noch unzulänglich sind. Oder in den Worten eines Brecht-Stückes, die Reich-Ranicki gerne zitiert hat: Der Vorhang zu und alle Fragen offen. Häckerling fragt sich, ob diese Art der unausgegorenen politischen Sacharbeit dem demokratischen Empfinden bekömmlich ist. Wäre es nicht schlauer, zur alten Praxis zurückzukehren und von kundigen Beamten formulierte Gesetzentwürfe vorzulegen, sie im Parlament zu beraten, ggf. zu verändern und dann zu beschließen? Bei der Konzeptpolitik zeigt man dem Volk ein Bonbon und schiebt es dann selbst in den Mund. Ätsch. Oder mit einem Bild aus dem rheinischen Karneval: Man wirft Kamellen in die Menge, die zwar süß sind, aber nicht satt machen.

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