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Gelbe Westen

Menschen mit ihnen machen es den Regierenden schwer. Sie sind unzufrieden mit ihrer ökonomischen Situation, sie sehen sich im Schatten der offiziellen Politik, spüren, dass die Belastungen wachsen und ein Ausgleich nicht vorgesehen ist. Auf die Idee muss man erst mal kommen: ein in jedem Auto vorhandenes Kleidungsstück anziehen und dann so gewandet durch allerlei Aktionen das öffentliche Leben stören. Das geschieht in Frankreich. Die hiesige Linke hat nun eine Marktlücke in Deutschland ausgemacht. Auch hier könnten die Leute doch diese Schutzjacken überziehen und den Betrieb auf den Straßen durcheinander bringen. Aber warum tun sie’s nicht? Das Vorbild sehen sie doch jeden Samstag in den Nachrichten. Irgendwas scheint hier anders zu sein als auf der Westseite des Rheins. Einen Lacherfolg hat heute die türkische Regierung in der Presse gelandet. Man will im verblichenen osmanischen Reich den Verkauf gelber Westen kontrollieren. Offenbar fürchtet man einen Aufstand nach französischem Muster. Häckerling stellt sich die Kontrolle so vor: Jeder, der eine gelbe Weste kaufen will, muss auf dem Rathaus einen Antrag stellen. Wird der bewilligt, erhält der Gelbwestler eine Bescheinigung, die er beim Kauf der Ware vorlegen muss. Die Bescheinigung wird an der Supermarktkasse wie ein Pfandschein eingezogen und entwertet. Die entwerteten Kaufnachweise gehen zurück aufs Rathaus, werden dort gesammelt und dem Geheimdienst zugeleitet. Der erstellt eine Datenbank, die ihm verrät, von welchen türkischen Einwohnern Gefahr droht, weil sie zwei oder gar Westen erstanden haben. Nach kurzer Vernehmung wandern diese Terroristen dann in eines der beliebten türkischen Gefängnisse. So kann ein Aufstand in gelber Weste verhindert werden.

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Verstärkte Kulturhoheit

Die Länder haben einen Sieg über den Bund davongetragen und ihre Kulturhoheit, die ihnen das Grundgesetz seit 1949 zubilligt, vehement verteidigt. Hoffentlich ist es kein Pyrrhussieg, ein solcher Sieg ist seit der Antike bekanntlich eher eine Niederlage. Die Milliarden des Bundes für den Digitalpakt sind fürs Erste mal weg. Ob sie jemals wieder in die Nähe der Schulen kommen, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Dann aber ist der Zug der Digitalisierung schon vorbeigefahren. Man wird dann einen ganz besonders schnellen Expresszug brauchen, um ihn wieder einzuholen. Ganz wohl scheinen sich die Länder mit ihrer Hoheit nicht zu fühlen. Dafür gibt es zu viele Baustellen im Bildungsbereich: grandiose Unterschiede zwischen den Bundesländern bei Tests wie PISA, TIMMS, IGLU, IQB, signifikante Divergenzen beim Abitur trotz des beschlossenen Aufgabenpools, Merkwürdigkeiten bei den Schultypen, bei den Bestimmungen zur Notengebung und Versetzung usw. Andererseits kann man meterweise Empfehlungen in den Lose-Blatt-Sammlungen der KMK besichtigen. Aber da nichts verbindlich ist, bleibt sehr viel auf der Strecke oder vermodert in den Archiven der Schulverwaltungen. Das soll nun anders werden. Die Kultusministerin von BW schlägt vor, dass die Länder sich durch Staatsverträge zu mehr Gemeinsamkeit und Vergleichbarkeit verpflichten. Es gibt bereits Arbeitsgruppen dazu – sie ergänzen die vielen Arbeitsgruppen, die bereits seit Jahren bestehen. In den 2020er Jahren soll die Sache spruch- bzw. abstimmungsreif sein. Aber bis 16 Bundesländer sich einig sind und entsprechende Gesetze erlassen, wird es dauern. Der kulturhoheitliche Zug hatte bisher ein Bummeltempo. Warum sollte sich das plötzlich ändern?

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Verdreifachte Anstrengungen

Um das Zwei-Grad-Ziel noch zu erreichen, bedarf es, ist zu hören, ab jetzt verdreifachter Anstrengungen. Ehe ich auf das Adjektiv eingehe, ein Blick auf das Substantiv: ein abstraktes Wort im Plural, eine Nominalisierung des Verbs „anstrengen“, mit dem wir als Pädagogen unsere unguten Erfahrungen haben. Der Appell an den Schüler, sich mehr anzustrengen, gehört zu den sinnlosen Silben im Lehreralltag. Vielleicht ist es der Bestandteil „streng“, der hier hinderlich ist. Einem Sportler kann man ansehen, ob er sich anstrengt, einem Lernenden nicht, einem Staatswesen erst recht nicht. Da bringt auch die Mehrzahl nichts. Wir haben uns bisher beim Klima kaum angestrengt, eine dreifache Anstrengung bringt da nur wenig Zuwachs. Es wird Auto gefahren und gereist, was das Zeug hält – nicht umsonst sind wir Reiseweltmeister. Den Ausbau des Nahverkehrs verstehen wir als dessen Verteuerung. Wir heizen (bald jedenfalls, wenn es kälter wird) und erzeugen Strom aus Braunkohle, und wir wollen davon auch nicht lassen. Man müsste ja Braunkohlearbeiter umschulen, wie furchtbar. Es gibt alternative Energie, aber sie vom Norden in den Süden zu transportieren, überfordert unsere Kräfte. Derzeit feiern wir Lichtorgien in den Städten – je heller, desto besser. Angeblich werde da kaum Strom verbraucht. Aber die Zeit der Märchen ist leider vorbei. Warum es in den Städten immer heller werden soll im Advent, das erschließt sich vielleicht den Verkäufern von Glühbirnen und dem Stadtmarketing. Mit dem Advent selbst hat das nichts zu tun. Verdreifachte Anstrengungen, ja, aber nur beim Energieverbrauch.