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Russische Manöver

Die Überschrift könnte signalisieren, dass sich Häckerling hier als ausgewiesener Kenner der Außenpolitik äußert. Dem ist mitnichten so. Der Verfasser teilt seine diesbezügliche Naivität mit den Brüdern und Schwestern vom Stammtisch und etlichen journalistisch Tätigen. Uns wird dieser Tage ein russischer Präsident gezeigt, der links an einem ovalen Tisch von gigantischen Ausmaßen sitzt. Rechts dürfen seine Gäste Platz nehmen. Müssen die ihre Stimme erheben, dass der große Mann im Kreml sie akustische wahrnimmt oder schwebt über ihnen unsichtbar ein Mikrofon? Wo sitzen die Übersetzer? Was will uns P. mit diesem Arrangement sagen? Dass er zwar nicht auf einem Thron sitzt, der ihn von den anderen abhebt, aber doch so weit von ihnen weg, dass weder Aerosole noch Meinungen ihm nahe kommen. Der Mann lässt hunderttausend Soldaten an einer Grenze Aufstellung nehmen, hat aber nur friedliche Absichten. Befinden sich die Kämpfer an der Grenze zur Ukraine im Winterurlaub? Will ihr Präsident ihnen etwas Abwechslung im militärischen Alltag verschaffen? Oder will er uns zeigen, dass er ein starker Mann ist? Wir glauben es ihm inzwischen. Dann sagt er, die Truppen werden bereits wieder abgezogen, aber die westlichen Geheimdienste sehen nichts davon. Vielleicht sind sie blind. Vorher meinten sie erfahren zu haben, dass gestern (am Mittwoch) der Einmarsch in die Ukraine hätte sein sollen. Da haben sie sich wohl getäuscht. Das Ganze ist ein Spiel, könnte man meinen, allerdings eines, aus dem Ernst werden könnte. Dass die Welt von solchen Typen regiert wird, ist schon gruselig.

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Verstolperter Impfpflichtstart

Was sind wir für eine bescheuerte Gesellschaft! Zuerst (im Frühjahr 2020) regten wir uns auf, dass die Pandemie uns strenge Regeln aufzwingt. Dann (im Frühjahr 2021) attackierten wir die Verantwortlichen, weil sie nicht genügend Impfstoff angeschafft hatten. Und jetzt (im Vorfrühling 2022) steigt die Erregung, weil „der Staat“ die Menschen zum Impfen verpflichten will. Um das zu verstehen, muss man ein Denker sein, der nicht nur quer, sondern auch längs denken an, der sich einzufühlen vermag in die komplexe Struktur des deutschen Alltagskopfes. Die nun drohende Impfpflicht hätten wir locker verhindern können, wenn wir uns hätten impfen lassen. Das haben über 75 % der deutschen Menschen auch getan. Aber es gibt ein paar Millionen, die sich verweigern. Denen bietet man den Impfstoff wie sauer Bier an, aber sie wollen ihn nicht: er sei zu gefährlich, zu unerprobt, zu reich an Nebenwirkungen. Diese unwilligen Personen sollen wir ernst nehmen und ihre Gründe auch. Das fällt schwer. Es gibt auf der Welt Staaten mit hohen Impfquoten, die verabschieden sich von den strengen Coronaregeln und geben ihren Bürgerinnen und Bürgern die Freiheit zurück. Wir mehrfach Geimpften hätten das auch gerne. Aber die Impfverweigerer stehen wie eine Phalanx vor dem Tor zur Freiheit. Sie nehmen uns in Sippenhaft. Sie nötigen den Staat zur Verordnung der Impfpflicht. Die kann er, nach allem, was man weiß, nicht durchsetzen. Das liegt an fehlenden Daten, an überlasteten Ämtern. Und es wird an den überlasteten Gerichten liegen, die nicht in der Lage sein werden, alle Widersprüche gegen Bußgeldbescheide zu bearbeiten. Ein Desaster. Aber man muss es deutlich sagen, auch wenn eine solche Aussage gefährlich ist: Das haben uns die Impfgegner eingebrockt. Aber die sollen wir ja ernst nehmen und lieben. Manchmal ist Nächstenliebe sehr schwierig.

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Gesellschaft Klima Politik

Wohlhabender Klimaretter

Ganz anders als in den einschlägigen Social-Media-Kreisen dargestellt, präsentiert sich der Microsoft-Gründer in diesem Sachbuch: einerseits besorgt angesichts der drohenden Gefahren, andererseits hoffnungsvoll aufgrund des technologischen Erfindungsgeistes der Menschheit. Die Botschaft diese sorgfältig recherchierten, klar gegliederten und gut lesbaren Buches lautet: Wir werden die Reduzierung des Treibgasausstoßes von derzeit 51 Milliarden Tonnen pro Jahr auf null schaffen. Gates beschreibt wichtige Bereiche, die einen großen Anteil an den Emissionen haben: Industrieproduktion (31 %), Landwirtschaft (19 %), Transport und Verkehr (16 %), Kühlen und Heizen (7 %). Wenn man deren CO2-Ausstoß senken will, muss jeder Einzelne umdenken und sein Verhalten ändern. Von der Politik erwartet Gates, dass sie schleunigst bürokratische Hemmnisse abbaut. Sie muss Innovationen finanziell fördern, auch wenn sie risikoreich sein mögen. Klimafreundliche Produkte sollen durch staatliche Käufe gefördert werden. Dabei denkt u. a. an E-Busse, emissionsarme Treibstoffe oder Baustoffe, die ohne CO2-Ausstoß auskommen. Durch eine Änderung der Vorschriften für staatliche Beschaffungen könnten z. B. alternative Heizungen und Kühlanlagen, die keine schädlichen Gase ausstoßen, eine Chance auf dem Markt bekommen. Gates ist sich im Klaren, dass beträchtliche Investitionen in technische Neuerungen nötig sind, wenn man das Ziel der Null-Emission bis 2050 erreichen will. Aber wenn wir dieses Ziel verfehlen, habe das schlimme Folgen für alle, insbesondere für die Armen dieser Welt, lautet sein Credo. Und was tut der reiche Gates selbst? Er investiert in Start-Ups mit neuen, interessanten Ideen. Manchmal werde nichts daraus und das Geld sei verloren, aber manchmal entstehe ein Produkt, das helfe, die Klimakatastrophe zu verhindern. Sein Optimismus in Ehren, aber wird er so die Welt retten können?