Diese Überschrift stammt von Bernd Ulrich. Sie stand in der letzten Ausgabe der ZEIT und besagt zweierlei: Die deutsche Gesellschaft ist am Konsum orientiert. Es soll alles immer zur Verfügung stehen und das auch noch zu einem günstigen Preis. Wird etwas teurer, weil der Weltmarkt es so will oder weil – wie das BSW im Wahlkampf plakatierte – die Kapitalisten uns ausbeuten, dann regt sich Widerstand. Dann hat die Politik wieder einmal versagt, die Ampel zum Beispiel. Dummerweise gibt es die nicht mehr. Wer ist künftig an allem schuld? Das Partizip „verwöhnt“ ist komplexer. Beim Konsumieren geht es um gutes Essen und Trinken, um „bezahlbare Wohnungen“, um ein Ende der „maroden Infrastruktur“ durch geeignete Maßnahmen. Es geht um das Haben. Der Zustand der Verwöhntheit ist ein Lebensgefühl. Es hat sich durch Gewöhnung eingestellt. Was man gestern hatte, muss man auch heute haben. Man will umsorgt sein, abgeschirmt von Anstrengungen und Anforderungen, es gut haben, den Strapazen der Welt nicht ausgesetzt. Der Verwöhnte kann auf nichts verzichten, weil er meint, es stehe ihm zu. Er schimpft, wenn man etwas von ihm verlangt, was ihn Geld oder Zeit kostet. Und wenn es ihm zu bunt wird, wählt er jene Parteien, die ihm alles versprechen und nichts abverlangen. Die Drahtzieher der neuen Klein-GroKo haben das verstanden. Sie brauchen viel Geld, um den verwöhnten Bürger davon abzuhalten, radikale Parteien zu wählen. Denn der stellt die Demokratie in Frage, wenn sie ihm seine angenehmen Lebensumstände wegnehmen will, wenn sie ihm etwas zumutet, was er mit seinem Wohlbefinden nicht in Einklang bringen kann. Oder er streikt für mehr Geld und mehr Wohlbefinden (mindestens 350 € mehr, mehr Urlaub). Die Gewerkschaften freut es. Sie blühen auf und kämpfen gerne für die Verstetigung der Konsumgesellschaft und für mehr Wohlleben. Könnte es sein, dass wir uns dabei überheben?
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