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Heiden-Reich-Ranicki

Beiden Stuttgarter Zeitungen (also auch den „Nachrichten“) ist es heute (am 7.8.10) eine Erwähnung wert, dass Frau Elke Heidenreich bereut, nämlich ihre harsche Kritik am öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Die hatte sie im Einklang mit, aber zeitlich nach Marcel Reich-Ranicki im Herbst 2008 geäußert. Daraufhin hat sie der Sender gefeuert und ihre Sendung „Lesen“ eingestellt. Um das zu verhindern, hatte sie sich – wie wir nun erfahren – beim ZDF entschuldigt, aber offenbar ohne Erfolg; der Sender scheint die Entschuldigung nicht angenommen zu haben. Damit hat er mehr Charakter bewiesen als Frau Heidenreich, die im Rückblick sagt: „Man hätte sich einigen müssen. Das wäre erwachsen gewesen.“ Wie kann man sich über etwas einigen, was nicht einigungsfähig ist? Entweder man findet das Programm schlecht und sagt es auch oder man findet es gut und sagt es. Wenn man aber das Programm auch (wie der Chefkritiker Reich-Ranicki) schlecht findet, sich dann aber dafür entschuldigt dafür, dass man das gesagt hat, wirkt das eigenartig. Das sei an drei Sätzen der „Lesen“-Frau dargelegt, die den Zeitungsartikeln und Focus-Online zu entnehmen sind.

(1) „Aber wenn die Wut auf dem Höhepunkt ist, schmeißt man das Glas eben an die Wand.“ Also: Frau H. war wütend, hat das Glas an die Wand geworfen, sodass es zerbarst. Will sie sich nun für die Wut entschuldigen oder nur die Kosten für das Glas bezahlen?

(2) In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ hat sie einst (2008) verlautbart: „Wie jämmerlich unser Fernsehen ist, wie arm, wie verblödet, wie kulturlos, wie lächerlich.“ Worin hat die Entschuldigung bestanden, in der Verneinung des Satzes („nicht verblödet, nicht kulturlos“)? So schnell ändert sich das Programm nicht, aber die Meinung einer Meinungsträgerin?

(3) Über das ZDF ließ sie damals publizieren: „Man schämt sich, in so einem Sender überhaupt noch zu arbeiten. Von mir aus schmeißt mich jetzt raus, ich bin des Kampfes eh müde.“ Das war mutig. Die Entschuldigung („Ich schäme mich, dass ich gesagt habe, ich würde mich schämen.“) zeugt von einem allzu beweglichen Rückgrat.

Wie soll sich am armseligen Programm des öffentlich-rechtlichen Fernsehens je etwas ändern, wenn sich die Kritiker auch armselig verhalten?

(Blog-Eintrag Nr. 205)

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Fehlende Leitungen

Die Albertville-Realschule in Winnenden findet keine neue Leitung. Die bisherige Schulleiterin hat erklärt, sie wolle diese Aufgabe nicht länger wahrnehmen. Das kann man verstehen. Alle Versuche des Regierungspräsidiums Stuttgart, die vakante Stelle zu besetzen, sind bisher gescheitert. So können wir es heute (am 2.8.10) in den Stuttgarter Nachrichten lesen. Am Ende des ausführlichen Berichtes steht, dass die genannte Schule nicht allein mit diesem Problem ist. Für viele Schulleitungsstellen, bei Grund-Haupt- oder Realschulen, aber auch bei Gymnasien, meldet sich auf die entsprechende Ausschreibung niemand. Das ist kein Wunder, meint Häckerling, der auch mal Schulleiter war. Warum nicht?

Es liegt ein bisschen an der Bezahlung; die liegt kaum höher als bei den anderen „Funktionsstellen“ der Schule und kann daher kaum jemand locken. Denn der Katalog der Aufgaben eines Schulleiters oder einer Schulleiterin ist in letzter Zeit deutlich umfangreicher und anspruchsvoller geworden. Im Prinzip ist die Leitung einer Schule immer für alles verantwortlich, das heißt vor allem für das, was schiefläuft. Die Delegation von Aufgaben an andere Lehrpersonen ist zwar im Prinzip möglich, aber die ständige Erhöhung der Lehrerarbeitszeit in den letzten Jahren hat deren Bereitschaft und Möglichkeit beeinträchtigt, zusätzliche Verantwortung und Arbeit im Leitungsbereich zu übernehmen, zumal die dafür gewährten „Anrechnungen“ oft nicht der Rede wert sind.

So werden die Schulleiter mit ihrem Berg von Arbeit und Verantwortung allein gelassen. Ständig halst man ihnen Weiteres auf, denn auch die Schulverwaltung ist nicht ausreichend besetzt und will Aufgaben loshaben. Das wird dann gerne mit dem Satz verbrämt, so stärke man die Eigenverantwortung der Schule. Aber das klingt in den Ohren der auf diese Weise Beglückten eher wie Hohn.

Das Kultusministerium muss sich also noch mehr Gedanken darüber machen, wie sie die – oft durchaus auch schöne Aufgabe des Leitens einer Schule – so ausgestaltet, dass sich die besten Pädagogen die Finger danach lecken.

(Blog-Eintrag Nr. 204)

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Hausaufgaben über die Ferien

Heute (am 29.7.10) ist in Baden-Württemberg der erste Tag der Sommerferien. Die Bezeichnung ist ein wenig irreführend, denn der Sommer war schon, im Juli, aber da mussten die Schülerinnen und Schüler bei brütender Hitze über Klassenarbeiten brüten. Wir können zwar angeblich alles, wir Südstaatler, außer Hochdeutsch natürlich, und wir kennen auch alles, außer Sommerferien. An dieser Tradition zu rütteln ist aussichtslos. Um im Sommer Herbstferien zu haben, sind wir sogar vor Jahren aus dem rollierenden Feriensystem der KMK ausgestiegen.

Nun hat man die Kinder und Jugendlichen für 45 Tage in den Urlaub geschickt. Sie sollen sich jetzt erholen. Ein renommierter Erziehungsberater rät in der Zeitung von heute, sie sollten sich dabei auf keinen Fall mit Schulischem beschäftigen, sondern sich lieber langweilen bzw. lernen, ihre Langeweile selbst zu überwinden. Wichtig sei der Abstand zur Schule, gelinge er nicht, schade das den Kindern und mache sie krank. Daran ist sicher etwas Wahres. Wahr ist aber auch, dass ein solches Konzept der Schulvergessenheit auch das Vergessen von Gelerntem befördert. Am Ende der Ferien sind die Schüler erholt, hoffentlich, und wollen wieder etwas Neues lernen, hoffentlich, aber das Alte ist nachhaltig weg. Leider. Und es fehlt im neuen Schuljahr die Zeit, es wieder zurückzuholen.

Das soll nun nicht heißen, dass man den Schülern auch über die Sommerferien Hausaufgaben geben soll, nein, eine Hausaufgabe obliegt den für die Schule Verantwortlichen. Sie sollten Konzepte entwickeln, wie dem eklatanten Verlust an Gelerntem durch ferienbedingte Löschung begegnet werden kann. Dann müsste sich die Lehrkraft im kommenden Schuljahr nicht mehr darüber aufregen, dass „die im letzten Jahr offenbar nichts gelernt haben“.

(Blog-Eintrag Nr. 203)