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Überschritten – Schulden des Staates

Jetzt wollen plötzlich alle die Schulden abbauen. Neue Ausgaben, heißt es, könne sich der Staat nicht mehr leisten, der Schuldendienst fresse einen immer größeren Anteil des Etats. Nun gelte es, rigoros zu sparen. Bei diesem Verb darf man natürlich nicht wie unsereiner an das Zurücklegen von Geld auf ein Konto denken, sondern muss sich das Nichtausgeben von solchem Geld vorstellen, das man nicht hat. Sparen bedeutet beim Staat Einsparen, Kosten senken, Leistungen reduzieren. Bis dahin ist alles einigermaßen klar.

Aber das täuscht. Manche reden vom Sparen des Staates und wollen es doch nur auch wieder ausgeben; nicht fürs Kindergeld, sondern für Hartz-IV-Empfänger, nicht für das Gaststättengewerbe (verstehe ich auch nicht), sondern für Opel, nicht für Erben, sondern für die Senkung der Gesundheitskosten; nicht für die schwarz-gelbe Klientel, sondern für die rot-grüne. Wir lernen daraus: Wer vom Sparen redet, will meistens nur das Eingesparte anders verwenden.

Die großen Schulden, die unser Staat hat, sind in langen Jahrzehnten gewachsen. Im letzten und in diesem Jahr war der Zuwachs ganz besonders heftig. Geld floss zur Sicherung von Banken, zur Erhaltung von Firmen, in die Auffüllung des Gesundheitsfonds, in die Subventionierung von Autos. Allein die Hypo Real Estate hat 100 Milliarden vom Staat geschluckt, stand in der Zeitung. Die Landesbanken müssen laufend vor ihren eigenen Untergang bewahrt werden. Dagegen erhebt sich selten Widerspruch; denn es wäre ja schlimm, wenn diese Institute kollabierten. Aber wenn der normale Steuerzahler mit Kind ein paar Euro im Monat mehr bekommen soll, dann wird der Zusammenbruch der Staatsfinanzen ausgemalt. Dabei geht dieses Geld mit absoluter Sicherheit in den Konsum, das den Banken Geliehene aber nicht. Wer kapiert diese Diskussion?

(Blog-Eintrag Nr. 123)

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Überholt – Sindelfingens Sparpläne 2

Geld ausgeben ist leicht, Geld einsparen dagegen sehr. Wohltaten für den Bürger entwickeln macht Freude, sie kassieren frustriert. Das kann man an Sindelfingens Sparmühen sehr schön beobachten. Die betroffenen Bürger spielen nicht so richtig mit, wenn man ihnen etwas wegnehmen will.

Dabei hatte man eine gute Idee. Wir erfinden die Einsparmöglichkeiten nicht selbst, sondern lassen sie von Fachleuten finden. Dann können wir auf die verweisen, wenn wir leider, leider ein paar Grausamkeiten begehen müssen. Die Fachleute haben prompt einiges Streichbare gefunden und erhalten daher für ihre Mühe ein stattliches Honorar. Die Ideen sind allerdings wenig originell: Stellen einsparen, Einrichtungen schließen, Gebühren erhöhen.

Weit über hundert Stellen seien im städtischen Bereich entbehrlich, erfahren wir, vor allem bei der Kinderbetreuung könne man locker 38 wegstreichen, ohne dass sich die Qualität der Arbeit in den Kitas wesentlich verschlechtert. Wer ein bisschen Einblick in die Probleme des Kindergartenalltags hat, kann sich nur die Augen reiben. Eine Stellenstreichung in diesem Umfang macht die zum Teil schon schlimme Lage noch schlimmer. Wer soll die Windeln der Zweijährigen wechseln und gleichzeitig mit den anderen Kindern spielen, das gemeinsame Vesper vorbereiten, ihnen vorlesen, mit ihnen singen, sie trösten, tropfende Nasen putzen, mit ratlosen Eltern reden, Feiern vorbereiten und Sprachförderung betreiben?

Das Schließen geht auch nicht so einfach: Die Hauptschule am Klostergarten wehrt sich, die Grundschulen in der Innenstadt wehren sich, die Badegäste wehren sich. Den Sindelfinger Räten und Rathausoberen stehen schwere Zeiten bevor. Der Bürger ist uneinsichtig. Vielleicht sollte man mehr und vor allem anders mit ihm kommunizieren, ihn beim Einsparen ins Boot nehmen und nicht einfach nur aus demselben werfen.
(Blog-Eintrag Nr. 122)

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Überarbeitet – Bachelor und Master

Am Anfang stand das Wort Bologna-Prozess eher wie ein drohendes Phantom im Raum. Es sollte sich etwas ändern in der Welt der Universitäten. Alle Studiengänge in Deutschland seien umzustellen. Deutschland müsse sich einer überfälligen Reform unterziehen, schließlich wolle man im internationalen Vergleich mithalten. Und so wurde denn umgebaut, doch nicht überall; manche Studiengänge hielten und halten sich vornehm zurück, bei anderen, zum Beispiel beim Lehrerstudium in Baden-Württemberg, ging man zwei Schritte vorwärts und dann wieder einen zurück.

Blicken wir auf das Jahr 2007. Damals hat das Kultusministerium wegen der anstehenden Umstellung des Lehramtsstudiums gemeinsame Arbeitsgruppen mit Vertretern der Universitäten und der staatlichen Seminare eingerichtet. In monatelanger Arbeit entstanden ordentliche Prüfungspläne mit so manchen neuen Ausbildungselementen. Augenzeugen berichteten, dass zwischen den Universitätsleuten und den von der Kultusverwaltung Entsandten heftig und meist erfolgreich, das heißt mit einem einvernehmlichen Ergebnis, um Prüfungsanforderungen und also um Lehrinhalte gerungen wurde. Worüber aber nicht gestritten wurde: Ob es sinnvoll sei, die Lehrinhalte in kleine bepunktete Elemente aufzuteilen. Ebenfalls durfte nicht darüber gesprochen werden, welche Inhalte sich für den Bachelor und welche für den Master eigneten. Da wollten sich die Ordinarien nicht reinreden lassen. Bald zeichnete sich ab, dass zwischen den Universitäten deutliche Unterschiede bestanden. Ein Wechsel der Hochschule mitten im Studium würde nicht leichter, sondern schwieriger, riskanter werden.

Nun ist der Bologna-Prozess im Bereich der Lehrerbildung in Baden-Württemberg erst gar nicht zum Abschluss gekommen. Man hat den neuen Wein, die Ergebnisse Fächergruppen von 2007, in den alten Schlauch der Ausbildung mit Staatsexamen gegossen. Ob das auf Dauer bekömmlich ist, wird sich zeigen. Jedenfalls war es aus heutiger Sicht weise, denn was man gar nicht erst gemacht hat, muss man jetzt auch nicht reparieren.
(Blog-Eintrag Nr. 121)