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Überraschend – Berliner Zugangsbeschränkungen

Eigentlich hätte man gedacht, dass die rot-rote Regierung in Berlin solche kapitalistischen Überbleibsel wie das Gymnasium flugs abschaffen würde. Das haben sie sicher auch vor, aber nicht per ordre de mufti, sondern portionsweise. Und wie macht man das? Man erhöht die Hürden.

Allerdings ist man sich offenbar noch nicht einig, wie die Hürden beschaffen sein sollen. „Zur Debatte stehen neben einer verbindlichen Grundschulempfehlung, ein strenger Numerus Clausus, eine Aufnahmeprüfung am Gymnasium und – als zusätzliche Chance – der Probeunterricht.“ So steht es in einem Bericht von ZEIT-Online. Auch das Losen wird erwogen.

Die verbindliche Grundschulempfehlung, die es zum Beispiel in Baden-Württemberg gibt, attackieren manche in der Hauptstadt mit der Begründung, die Noten der Grundschule seien nicht objektiv. Das haben Noten leider so an sich. Aber man könnte daran arbeiten, ihre Treffsicherheit zu steigern.

Mit einem strengen Numerus Clausus, der zweiten Idee, böte sich den Berlinern die Chance der Steuerung im Sinne des Abbaus. Denn offenbar halten es nicht nur die dortigen Grünen „für vertretbar, wenn aufgrund schärferer Zugangskriterien einige Gymnasien nicht mehr genug Schüler hätten und schließen müssten.“ So würde aus einem NC eine PC, eine Porta Clausa. Türe zu und Schluss mit dem Gymnasium!

Die Aufnahmeprüfung für die weiterführenden Schulen ist als Instrument bekanntlich sehr problematisch, weil sie die Kleinen in eine harte Auslesesituation zwingt, der sie selten gewachsen sind. Das Ergebnis der Prüfung bildet selten die wahre Leistungsfähigkeit ab. Im Übrigen könnten Eltern mit genügend Bargeld ihr Kind durch Profis trimmen lassen. Und das im roten Berlin?

Der Probeunterricht ist eine neue Idee. Es wird mit den Kindern ein paar Tage Gymnasium simuliert. Und dann soll sich zeigen, ob sie für den Weg zum Abitur zeigen. Etwas Unpädagogischeres als dies kann man sich kaum ausdenken. Das wird nur noch von der Idee übertroffen, das Los entscheiden zu lassen, wer an welches Gymnasium kommen soll.
Tröstlich ist der folgende Satz in genanntem Bericht: „Die Linke fürchtet, dass höhere Hürden vorm Gymnasium dem Ziel einer stärkeren sozialen Mischung entgegenstehen.“ Ein Rest von Vernunft scheint sich also doch erhalten zu haben.
(Blog-Eintrag Nr. 108)

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Überfordert – Diskussion ums Impfen

Man könnte an Hamlet denken (Impfen oder nicht impfen, das ist hier die Frage) oder an den „Faust“ (Sucht nur die Menschen zu verwirren …), aber das hilft den Ratlosen auch nicht weiter. Soll ich oder soll ich nicht? Was spricht dafür, was dagegen? An Argumenten für und gegen die Schweinegrippe-Impfung fehlt es nicht. Wer sie kennt, hat eine Entscheidungshilfe – doch helfen die Argumente wirklich, sich zu entscheiden?

Das Thema ist wie geschaffen für einen erörternden Schulaufsatz. Nur mit dem Schluss wird es schwierig. Die bei Schülern so beliebte Lösung des Kompromisses zwischen den Meinungen funktioniert hier nicht. Man kann sich nicht ein bisschen impfen lassen.

Und wie lauten die wichtigsten Argumente? Kontra: Die Impfung gegen die Neue Grippe ist unnötig, teuer, riskant und wirkungslos. Sie erzeugt Nebenwirkungen und hilft nur der Pharma-Industrie bei der Maximierung ihrer Gewinne. Pro: Die Impfung schützt zuverlässig vor der aus Mexiko kommenden Grippe, deren Vielfalt und Gefährlichkeit wir nicht unterschätzen dürfen. Schließlich wurde vor einer Pandemie gewarnt.

Häckerling ist bereits doppelt geimpft, gegen die normale und gegen die sog. Schweinegrippe. Hat er jetzt etwas Sinnvolles getan oder ist er nur der Propaganda aufgesessen? Er weiß es noch nicht, wird es nie wissen. Denn wenn er trotzdem eine Grippe bekommt, war die Impfung ein Fehlschlag, Wenn er aber keine bekommt, kann niemand beweisen, dass er auch ohne Impfung gesund geblieben wäre. So komplex ist manchmal das Leben.
(Blog-Eintrag Nr. 107)

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Überinterpretiert – gymnasiale Abschlüsse

Mit der Überschrift „Immer weniger Abiturienten“ schafft die Stuttgarter Zeitung (vom 9.11.09) mehr Verwirrung als Erkenntnis. Sie missdeutet eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, in der ein Rückgang der Zahl der Abiturienten von 2003 bis 2007 um drei Prozent auf 27,6 Prozent festgestellt wird. Gleichzeitig weist man darauf hin, dass sich das Gymnasium „zunehmender Beliebtheit“ erfreue. Die äußert sich in steigenden Übergangsquoten. Auch wird auf die niedrige Sitzenbleiber-Quote in Baden-Württemberg (unter 2%) hingewiesen. Wie passt das zusammen, wenn alle Angaben stimmen, woran man nicht zweifeln mag.

Es ist ganz einfach. Die Abiturienten von 2003 bis 2007 sind die Fünftklässler von 1994 bis 1998. Damals hat sich das Gymnasium „sinkender Beliebtheit“ erfreut. Weniger Kinder wechselten dorthin bzw. die Bildungsempfehlung fürs Gymnasium wurde nicht in Anspruch genommen. Kein Wunder, dass neun Jahre später weniger Schüler mit Abitur von der Schule gehen.

Inzwischen ist die Zahl der Kinder, die aufs Gymnasium wechseln, sowohl relativ als auch absolut deutlich gestiegen. Das wird sich nach Ablauf der neun- oder achtjährigen Schulzeit auch statistisch auswirken. Den Höhepunkt wird das Jahr 2012 bilden, wenn zwei Abiturjahrgänge die Gymnasien verlassen.
(Blog-Eintrag Nr. 106)