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Verschwiegene Exitplanung

Man kann ein Volk für eine Weile einsperren, wenn man ihm erklärt, weshalb das nötig ist. Es wird uns gesagt – und das leuchtet auch ein –, dass man zur Entlastung der Kliniken und damit zum Schutz der Gefährdeten, der Alten, der Menschen mit Vorerkrankungen, die Ausbreitung des Virus verlangsamen müsse. Dabei wird – man nannte das früher schwarze Pädagogik – auf die Zustände in den italienischen Krankenhäusern verwiesen. Die sind in der Tat schlimm. Wenn ihr es so nicht haben wollt, höre ich die Verwaltung sprechen, dann müsst ihr gefälligst Kontakte vermeiden. Das tun wir dann auch, brav, mehr oder weniger überzeugt, hoffend, es werde was nützen. Aber was Häckerling irritiert: Man darf nicht über den Ausstieg aus diesem freiheitsbeschränkenden Zustand reden. Das wäre zu früh, das würde falsche Signale setzen. Sorry, aber das leuchtet mir nicht ein. Im Gegenteil: Es wäre erleichternd zu wissen, dass die Exekutive tatsächlich über einen Exit-Plan verfügt, dass sie sich bereits viele Gedanken gemacht hat, wie der – gewiss stufenweise – Ausstieg erfolgen wird. Warum verschweigt man uns, was längst in den Schubladen liegt? Hält man uns für so unreif, dass wir einen solchen Plan missverstehen würden als Botschaft vom Ende der Kontaktsperre. Andersherum wird ein Schuh daraus. Wenn wir wüssten, dass es am Tag X so weitergehen würde, dass zuerst (als Beispiel sei es genannt) die Schüler mit Prüfungen wieder in die Schulhäuser dürften, dass (als weiteres Beispiel) die Kinos oder Theater unter der Auflage öffnen dürften, nur ein Drittel der Plätze zu besetzen, dass zuerst die Jüngsten (oder Ältesten) in ihre Kitas dürften, dass Friseure unter bestimmten Voraussetzungen wieder arbeiten könnten, dass die Alten nur zu bestimmten Zeiten in den Supermärkten einkaufen dürften, dass …, wenn wir derlei wüssten, hätten wir eine Hoffnung, könnten wir uns vorstellen, wie wir unsere Freiheit allmählich wieder bekämen.

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Österliche Hoffnungen

Den christlichen Kirchen bietet die C-Krise reichlich Anschauungsmaterial für die Passionszeit. Man erinnert sich in dieser Karwoche an das Leiden und Sterben Jesu. Schon immer galt seine Passion als Modell des menschlichen Leids. Daran hat es in den letzten Jahrhunderten nie gemangelt. Aktuell fällt unser Blick auf Schwerkranke in Hospitälern, auf Särge mit Toten, die mangels Kapazitäten der Krematorien „zwischengelagert“ werden, sozusagen auf ihren zweiten Tod in den Öfen warten. Wir hören von Angehörigen, denen der Zutritt zu Sterbenden verwehrt wurde, von alten Menschen, die in ihrer Verwirrung die Welt noch weniger verstehen als vorher. Es ist zu lesen von Familien, die es in der Isolation nicht aushalten und ihre Kinder und Ehepartner misshandeln. Täglich erfahren wir von Firmen, die keine Zukunft mehr sehen und ihre Zahlungsunfähigkeit erklären. Leiden auf allen Ebenen. Wo ist da Platz für Ostern? Wie kann man sich die Auferstehung der am Boden liegenden Gesellschaft denken? Manche Philosophen machen uns Hoffnung. Die Welt werde sich durch diese Krise zum Guten verändern. Schön wäre es. Die christliche Botschaft ist einfacher. Sie sagt: Es gibt ein Leben nach dem Tod. Will sagen: Das Leiden ist nur das Vorletzte, das Leben ist mehr als Leiden. Und in der Tat. Haben sich die Menschen nicht nach allen Katastrophen (Krieg, Hunger, Verfolgung, Epidemien) wieder aufgerappelt, sind sie nicht aus den Ruinen ihrer Existenz wieder auferstanden? Man muss allerdings einschränkend sagen: Wenn sie die Leidenszeit überlebt haben. Das gelingt nicht allen. Wer in der Katastrophe umkommt, kann nur hoffen, dass ein anderer Aspekt der christlichen Verkündigung wahr wird: Wir fallen sterbend nicht ins Nichts.

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Distanziertes Einkaufen

Das Einkaufen hat sich verändert. Auf den Wochenmärkten lässt sich das schön studieren. Wo sonst Enge und Gedränge herrscht, sind nun Zwischenräume der bestimmende Eindruck. Die einzelnen Stände stehen weit voneinander entfernt. Manche Marktbeschicker haben Barrieren vor ihren Waren errichtet. Auf dem Boden sind Markierungen im Anstand von gut eineinhalb Metern. Sich selbst zu bedienen ist strikt untersagt. Vor den Verkäufern stehen Menschenschlangen, aber in ungewohnter Choreographie. Die Wartenden sind gehalten Abstand zu wahren, zwei Meter jeweils. Ängstliche oder Menschen ohne Schätzungsvermögen entscheiden sich für die doppelte Entfernung. Das führt zu Verwicklungen, wenn die 10 bis 15 Wartenden zweier Schlangen sich ineinander verschränken. Dann bedarf es der Kommunikation, damit man niemanden verärgert oder gar in der falschen Reihe steht. Die Menschen sind erstaunlich diszipliniert. Man spürt Gelassenheit und Resignation, manchmal auch Humor. Fast niemand trug einen Mundschutz. Die meisten Kauflustigen werden eh keinen haben. Geredet wird wenig, bei zwei Metern Distanz miteinander zu sprechen ist anstrengend. Dabei hätte man sich wahrscheinlich einiges zu sagen.