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Digitaler Flickenteppich

Teppiche aus Flicken können gut aussehen, wie überhaupt bunte Vielfalt nicht nur bei Schokolade ihre Reize hat. Bunt ist auch unsere Gesellschaft; es gibt Kinder und Alte, Männer und Frauen, Langweilige und Witzige, Schwarze und Weiße, Linke und Liberale und viele andere mehr. Das Wort vom „Flickenteppich“ ist gerade en vogue.. Man nennt die Unterschiede zwischen den Bundesländern so – dabei ist sie vom Grundgesetz so gewollt und festgeschrieben. Nicht nur die Länder sind verschieden, in diesen Ländern gibt es auch unterschiedliche Regionen (Oberschwaben ist anders als der Bereich Mittlerer Neckar). Warum Gleichheit, wo Ungleichheit herrscht? Soll wirklich alles zentral in Berlin entschieden werden? Unsere Verfassung betont die Subsidiarität. Manche Entscheidung wird besser, wenn sie in den Kreisen und Gemeinden betroffen wird. Ist also alles gut in der bunten Republik Deutschland? Nein; es gibt Bereiche, wo Unterschiede zu Ungerechtigkeiten werden. Alle Kinder und Jugendliche haben in gleicher Weise ein Grundrecht auf Bildung und Erziehung. Wenn aber, wie derzeit, die Bildung digital und zu Hause stattfindet, die Haushalte aber nicht vergleichbar ausgestattet sind, gibt es Bevorzugte und Benachteiligte. Die Digitalisierung des Bildungswesens ist in Deutschland noch erst in den Anfängen. Man ist die Aufgabe lustlos und zögerlich angegangen. Mit dem Ergebnis, dass uns die Pandemie eiskalt erwischt hat. Es gibt in den für die Bildung zuständigen Ländern kein ausgereiftes Konzept für den digitalen Unterricht, die Ausstattung der Schulen mit Hard- und Software ist sehr unterschiedlich („Flickenteppich“). Erprobte digital vermittelbare Unterrichtseinheiten sind Mangelware. Aber es gibt doch den Digitalpakt mit seinen 5 Milliarden Euro? Es gibt ihn und es gibt ihn auch wieder nicht. Dieser Tage war zu hören, dass von den Milliarden noch nicht mal ein Prozent bei den Schulen angekommen ist. Offenbar ist es der Administration gelungen, den Geldfluss bürokratisch auszuhebeln. Wer die entsprechende Verordnung liest, wundert sich nicht, dass der Fortschritt in diesem Bereich eine Schnecke ist.

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Schule

Ausgesetzte Nichtversetzung

Es war zu erwarten, dass man im Kultusministerium zu dieser Entscheidung gekommen ist. Nach einem irregulär verlaufenen Schuljahr lässt sich nicht mehr solide über die Versetzung oder Nichtversetzung der Schülerinnen und Schüler entscheiden. Heißt das, alle werden „automatisch“ ins nächste Schuljahr übernommen? Im Prinzip ja, aber das allein kann es nicht sein. Es gibt gewiss Schüler, bei denen sich schon im März (also einige Wochen nach der Halbjahresinformation) abzeichnete, dass sie große Probleme haben würden, den Anforderungen der folgenden Klasse gerecht zu werden. Ihnen sollte man raten, die Klasse freiwillig zu wiederholen. Da mit einiger Wahrscheinlichkeit auch das Schuljahr 2020/2021 nicht „normal“ verlaufen wird, wären in diesem Kontext einige grundsätzliche Überlegungen angebracht. Die Wiederholung eines Schuljahrs ist unter Fachleuten umstritten. Sie ist teuer und oft wirkungslos. Sinnvoll ist sie nur dann, wenn es gelingt, den Lernenden zu einer Änderung seines Arbeitsverhaltens zu bewegen. Das bedarf aber der intensiven Begleitung. Ihn oder sie einfach „laufen“ zu lassen, wäre fahrlässig. Im Übrigen bietet die Versetzungsordnung noch andere Möglichkeiten: Man kann jemand probeweise versetzen und im Oktober eine neue Entscheidung treffen, evtl. nach einer Art „Zwischenprüfung“. Man kann die Versetzungsentscheidung auch aufschieben bis zum Ende des nächsten Halbjahrs, also bis Ende Januar. Wenn es sich dann als sinnlos erweist, dass der Schüler trotz eklatanter Schwächen „einfach“ weitermacht, ist die Rückversetzung (oder das Verlassen der Schule) möglicherweise der bessere Weg. Um solche Probleme zu minimieren, muss man den Schülern mit Defiziten zusätzliche Aufmerksamkeit und Förderung zuteilwerden lassen, zum Beispiel auch in der letzten Sommerferienwoche. Diese (sechste) Woche ist bekanntlich schon immer dafür gedacht, das neue Schuljahr vorzubereiten. Dazu könnte es aktuell auch gehören, virusbedingte Nachteile einzelner Schüler auszugleichen. Am Ende hätten alle was davon.

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Heilige Ferien

Der Aufschrei kam prompt. Als Bundestagspräsident Schäuble (übrigen im Einklang mit Häckerling) ein Nachdenken über die Nutzung der Schulferien zur Kompensation virusbedingter Lerndefizite ins Spiel brachte, fielen fast alle über ihn her. Ein renommierter Jungsozialist betonte das Recht auf Familienferien. Aber welche Familie kann sich sechs Wochen Nordsee leisten? Die Kultusministerin des Landes Baden-Württemberg verwies darauf, dass manche Eltern den Urlaub schon gebucht hätten, es also Probleme geben könne, wenn es dann keine Ferien mehr gebe. Als ob in den letzten Wochen nicht zahlreiche Urlaubsreisen hätten storniert werden müssen. Aber man sollte in diesem Zusammenhang bedenken, dass Frau E. nächstes Jahr gewählt werden will und es daher mit niemandem verderben darf. Ein Lehrerverband hat darauf hingewiesen, es sei sinnlos über die Nutzung der Ferien für Unterricht nachzudenken, solange es kein pädagogisches Gesamtkonzept gebe. Wenn das von der KMK kommen soll, ist allerdings alle jede Hoffnung vergebens. Aber warum sollten die deutschen Schulen nicht in der Lage sein, ein Konsolidierungs- und Kompensierungskonzept für die Nach-Corona-Zeit zu entwickeln? Man kann den Lehrenden schon einiges zutrauen. Dass der Tourismus-Verband aufschreit, weil er seine Verluste mit Elternurlauben kompensieren will, versteht man. Und wie ist es mit dem Recht der Lehrkräfte auf 80 freie Tage im Jahr? Dieses Recht gibt es, mit Verlaub, nicht. Ergo: Wenn man in BW den August für die Ferien freihielte, müsste eine erholte Rückkehr der Kinder am 1. September möglich sein.