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Über die Medienkompetenz

Schon wieder dieses Thema! Am 4.1.10 fordert die Stuttgarter Zeitung einmal mehr die Schule auf, endlich etwas zur Verbesserung der Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler beizutragen. Schon vor einem Monat (am 9.12.09) sah sich Häckerling veranlasst, zu diesem Ansinnen Stellung zu nehmen. Was erfahren wir diesmal? Zwei Überschriften auf Seite 2 bilden den Blickfang: „Der digitale Graben“ und „Eltern müssen sich interessieren“. Wofür?

Der Medienpädagoge Aufenanger fordert, dass Elternhaus und Schule „deutlicher wahrnehmen“, dass bei der Mediennutzung soziale und ethische und nicht nur technische Kompetenzen „sehr wichtig“ seien. Daher müsse sich die Schule diesen „gesellschaftlichen Entwicklungen öffnen“. Als ob sie das nicht schon längst täte.

Allerdings vergreift man sich in der Zeitung etwas, wenn man die Medienkompetenz (ohne den Begriff „Kompetenz“ geht heute offenbar nichts mehr) zur vierten Schlüsselqualifikation neben dem Lesen, Schreiben und Rechnen hochstilisiert. Schließlich wird auf dem Bildschirm auch nur gelesen und geschrieben. Belassen wir es also lieber dabei, diese Fertigkeiten zu schulen.

Zustimmen möchte man der Forderung, die „ethische Kompetenz“ zu fördern. Das kann in allen Fächern geschehen, besonders aber im Deutschunterricht und in den sprachlichen Fächern, in der Bildenden Kunst (der vielen Bilder wegen, die das Netz liefert), im Religionsunterricht und im Fach Ethik. Und da geschieht es auch schon, aber möglicherweise noch zu wenig.

Ob es sinnvoll ist, für 600.000 Euro Anzeigen zu schalten, als „Sensibilisierungskampagne“, wagt Häckerling zu bezweifeln. Das Sensibilisieren geschieht schon durch Spots im Fernsehen, aber mit welchem Erfolg? Sinnvoller wäre es, dieses Geld in eine verbindliche (!) Fortbildung der Lehrkräfte zu stecken. Den in Bayern ausgedachten „Medienführerschein“ sollten alle Lehrer erwerben. Einen „Erste-Hilfe-Kurs verlangt man schließlich auch von ihnen.

(Blog-Eintrag Nr. 132)

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Über Integrationsversuche

Die Integration der „Bürger mit Migrationshintergrund“ muss dringend verbessert werden. Dass sie bei den Bildungsabschlüssen statistisch negativ auffallen, kann man nicht bestreiten. Auch nicht, dass dies ein Problem ist, das die ganze Gesellschaft angeht, weil sie auch als Ganzes zunehmend darunter leidet. Daher sind alle Bemühungen, an diesem Zustand etwas zu ändern, sehr lobenswert.

In Baden-Württemberg ist der Justizminister, Goll FDP, mit dem Amt eines „Integrationsbeauftragten“ betraut. Er tut auch was. Schon am 8. September 2008 hat der Ministerrat seinen „Integrationsplan“ verabschiedet. Der trägt die Überschrift „Integration gemeinsam schaffen“ und hat einen Umfang von 185 Seiten. Im November 2009 wurde eine Konzeption für die Umsetzung des Plans vorgestellt. Die Stuttgarter Zeitung berichtet darüber sieben Wochen später, an Silvester 2009. Arg schlau wird man aus dem Bericht nicht.

Die Mitteilung, dass die Minister Goll und Rau (KM) das Bildungsniveau der Einwandererkinder heben und hierzu bei den Eltern ansetzen wollen, ist nicht überraschend. Die Mütter und vor allem auch die Väter sollen „über Mitwirkungsmöglichkeiten in Schule und Kindertagesstätte informiert“ und „in ihrer Rolle als Erzieher gestärkt werden.“ Das leuchtet ein. Aber wie? Durch „neue Strukturen“ erfahren wir. Es sollen in jedem Regierungsbezirk mehrere Berater „angesiedelt“ werden, die den Kommunen „helfen, die neuen Angebote einzurichten“. Das heißt doch, dass alle Städte und Gemeinden eine (neue?) Stelle für Integrationsangebote einzurichten haben, die dafür sorgt, dass die „neuen Angebote“ dort ankommen, wo sie wirken sollen – an den Schulen und Kindertagesstätten (siehe oben).

Unter den „neuen Angeboten“, für die man die neuen Strukturen braucht, hat man sich zum Beispiel „Bildungslotsen“ vorzustellen, die den Eltern über die „Hemmschwellen“ der genannten Einrichtungen hinweghelfen sollen. Gedacht ist (wieder einmal) an Ehrenamtliche, zum Beispiel an pensionierte Lehrerinnen und Lehrer.

So sehr neu klingt das nicht und auch nicht neuer Strukturen bedürftig. Dieses neue Angebot müsste sich auch mit den schon bestehenden umsetzen lassen.

(Blog-Eintrag Nr. 131)

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Über den Jahresbeginn

Das neue Jahr beginnt trüb. In der Nacht haben Böller und Raketen die Gegend vernebelt. Jetzt liegen die Reste auf den Wegen und in den Gärten. Es gilt nun, den Dreck wegzuräumen. Das machen in dieser Gesellschaft meistens jene, die ihn nicht verursacht haben. Nehmen wir es als ein erstes Symbol: Die einen schaffen die Probleme, die anderen leiden darunter oder versuchen sie zu lösen. Das passt auf den Klimawandel und die Finanz- und Wirtschaftskrise und auf anderes mehr.

Manche behaupten, das erste Jahrzehnt des dritten Jahrtausends sei nun zu Ende und es beginne das zweite. Andere sehen das anders: Erst mit dem Jahr 2010 sei das Dezennium abgeschlossen; schließlich zähle man von eins bis zehn und nicht von null bis neun. Darüber werden wir uns nie einig werden. Das sei das zweite Symbol. Selbst über die einfachsten Dinge kann man sich in unserer Gesellschaft nicht einigen. Selbst das Triviale ist nicht konsensfähig. Zum Beispiel die Rechtschreibung. Da gibt es doch tatsächlich Verlage, die 2009, drei Jahre nach dem Inkrafttreten der Kompromissreform, immer noch nach den obskuren Regeln des beginnenden 20. Jahrhunderts schreiben – und es oft gar nicht mehr können. Man möchte die Bücher gerne zur Überarbeitung zurückgeben.

In den Silvester-Ausgaben der Zeitungen konnte man lesen, was angeblich wichtig war in den letzten Jahren; zum Beispiel wurde einer Lady Gaga eine ganze Seite gewidmet. Nehmen wir das als drittes Symbol für unsere Gesellschaft. Sie kann nicht mehr Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden, sondern stilisiert das Banale zum Bedeutsamen hoch. So kann man die Menschen auch einlullen. Weitere Beispiele? DSDS – und findet ihn doch nicht, Bohlen – nicht die Bohne wichtig , Big Brother – einst ein Verweis auf einen wichtigen Roman, jetzt eine langweilige Fernsehsendung.

Es stehe uns ein Jahr bevor, das die Problemverursacher in die Pflicht nimmt, das unseren Blick aufs Wesentliche lenkt und das Nichtige nicht beachtet.

(Blog-Eintrag Nr. 130)