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Überholt – Sindelfingens Sparpläne 2

Geld ausgeben ist leicht, Geld einsparen dagegen sehr. Wohltaten für den Bürger entwickeln macht Freude, sie kassieren frustriert. Das kann man an Sindelfingens Sparmühen sehr schön beobachten. Die betroffenen Bürger spielen nicht so richtig mit, wenn man ihnen etwas wegnehmen will.

Dabei hatte man eine gute Idee. Wir erfinden die Einsparmöglichkeiten nicht selbst, sondern lassen sie von Fachleuten finden. Dann können wir auf die verweisen, wenn wir leider, leider ein paar Grausamkeiten begehen müssen. Die Fachleute haben prompt einiges Streichbare gefunden und erhalten daher für ihre Mühe ein stattliches Honorar. Die Ideen sind allerdings wenig originell: Stellen einsparen, Einrichtungen schließen, Gebühren erhöhen.

Weit über hundert Stellen seien im städtischen Bereich entbehrlich, erfahren wir, vor allem bei der Kinderbetreuung könne man locker 38 wegstreichen, ohne dass sich die Qualität der Arbeit in den Kitas wesentlich verschlechtert. Wer ein bisschen Einblick in die Probleme des Kindergartenalltags hat, kann sich nur die Augen reiben. Eine Stellenstreichung in diesem Umfang macht die zum Teil schon schlimme Lage noch schlimmer. Wer soll die Windeln der Zweijährigen wechseln und gleichzeitig mit den anderen Kindern spielen, das gemeinsame Vesper vorbereiten, ihnen vorlesen, mit ihnen singen, sie trösten, tropfende Nasen putzen, mit ratlosen Eltern reden, Feiern vorbereiten und Sprachförderung betreiben?

Das Schließen geht auch nicht so einfach: Die Hauptschule am Klostergarten wehrt sich, die Grundschulen in der Innenstadt wehren sich, die Badegäste wehren sich. Den Sindelfinger Räten und Rathausoberen stehen schwere Zeiten bevor. Der Bürger ist uneinsichtig. Vielleicht sollte man mehr und vor allem anders mit ihm kommunizieren, ihn beim Einsparen ins Boot nehmen und nicht einfach nur aus demselben werfen.
(Blog-Eintrag Nr. 122)

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Überarbeitet – Bachelor und Master

Am Anfang stand das Wort Bologna-Prozess eher wie ein drohendes Phantom im Raum. Es sollte sich etwas ändern in der Welt der Universitäten. Alle Studiengänge in Deutschland seien umzustellen. Deutschland müsse sich einer überfälligen Reform unterziehen, schließlich wolle man im internationalen Vergleich mithalten. Und so wurde denn umgebaut, doch nicht überall; manche Studiengänge hielten und halten sich vornehm zurück, bei anderen, zum Beispiel beim Lehrerstudium in Baden-Württemberg, ging man zwei Schritte vorwärts und dann wieder einen zurück.

Blicken wir auf das Jahr 2007. Damals hat das Kultusministerium wegen der anstehenden Umstellung des Lehramtsstudiums gemeinsame Arbeitsgruppen mit Vertretern der Universitäten und der staatlichen Seminare eingerichtet. In monatelanger Arbeit entstanden ordentliche Prüfungspläne mit so manchen neuen Ausbildungselementen. Augenzeugen berichteten, dass zwischen den Universitätsleuten und den von der Kultusverwaltung Entsandten heftig und meist erfolgreich, das heißt mit einem einvernehmlichen Ergebnis, um Prüfungsanforderungen und also um Lehrinhalte gerungen wurde. Worüber aber nicht gestritten wurde: Ob es sinnvoll sei, die Lehrinhalte in kleine bepunktete Elemente aufzuteilen. Ebenfalls durfte nicht darüber gesprochen werden, welche Inhalte sich für den Bachelor und welche für den Master eigneten. Da wollten sich die Ordinarien nicht reinreden lassen. Bald zeichnete sich ab, dass zwischen den Universitäten deutliche Unterschiede bestanden. Ein Wechsel der Hochschule mitten im Studium würde nicht leichter, sondern schwieriger, riskanter werden.

Nun ist der Bologna-Prozess im Bereich der Lehrerbildung in Baden-Württemberg erst gar nicht zum Abschluss gekommen. Man hat den neuen Wein, die Ergebnisse Fächergruppen von 2007, in den alten Schlauch der Ausbildung mit Staatsexamen gegossen. Ob das auf Dauer bekömmlich ist, wird sich zeigen. Jedenfalls war es aus heutiger Sicht weise, denn was man gar nicht erst gemacht hat, muss man jetzt auch nicht reparieren.
(Blog-Eintrag Nr. 121)

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Überzogen – Forderung nach Medienkompetenz

Die Informationstechnologie sei ein Jobmotor oder soll einer werden bzw. künftig noch stärker sein. Wenn dem so ist, dann besteht Anlass zu Optimismus. Dann müssen es die Autoindustrie, die Chemiewirtschaft, der Maschinenbau, die Solarbranche (oder wer sonst noch infrage kommt) nicht alleine richten. Aber was ist im Leitartikel der Stuttgarter Zeitung (vom 9.12.09) zu diesem Thema auch noch zu lesen: Die Schulen sollen zum IT-Wunder beitragen.

Der Kommentator stellt als Frage, was er fordert: „Sollte nicht in allen Schulen Medienkompetenz vermittelt werden?“ Und die Voraussetzung dafür sei, wieder als Frage formuliert, ob nicht die „angehenden“ Lehrer „zwingend“ darin „geschult“ werden sollten? Da könnte der geneigte, der Schule ferne stehende Leser meinen, in dieser Hinsicht geschehe derzeit nichts. Das stimmt aber nicht. Die Lehramtsstudenten bringen bereits von den Hochschulen einiges an Kenntnissen im Umgang mit der Informationstechnik mit und sie werden in den Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung zusätzlich „geschult“. Was die Schulen angeht, so wird der Computer seit vielen Jahren im Unterricht eingesetzt. Man dürfte kaum eine finden, in der es nicht einen Computerraum gibt. Schon sehr lange haben wir eine Unterweisung in ITG, in informationstechnischer Grundbildung, die Schüler lernen bereits in den unteren Klassen das Recherchieren im Netz, das Schreiben mit Textverarbeitung, das Versenden von E-Mails; sie setzen bei ihren Präsentationen Power-Point ein, drehen Filme mit ihren Handys und dergleichen mehr. IT und Schule sind sich nicht fremd. Was also fehlt?

Zu kurz kommt nach meiner Einschätzung das, was der Zeitungskommentator wohl nicht im Auge hat: der kritische Umgang mit den Medien. Medienkompetenz ist mehr als eine Technik. Dazu gehört auch das Wissen um ihre Gefahren, die Möglichkeiten des Missbrauchs, als da wären Verstöße gegen den Datenschutz, Verletzungen der Menschenwürde, Manipulationen mit Bildern. Die Schule ist nicht nur dazu da, der IT-Branche zuzuarbeiten, sie hat einen umfassenderen Auftrag: Erziehung und Bildung.
(Blog-Eintrag Nr. 120)