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Unübersichtliche Gerätewartung

Medizinische Geräte müssen ständig überprüft und gewartet werden. Das ist aufwendig und daher teuer. Der Klinikverbund Südwest, dem auch das Sindelfinger Krankenhaus gehört, hat eine geniale Idee, wie man das Ganze billiger machen kann. Man übergibt den Prüfauftrag an die Firma Philips. Dadurch erspart man 1,5 Millionen Euro, ein „Geldsegen“, den man reinvestieren kann. (So steht es in der Sindelfinger Zeitung vom 19.6.09.) Investieren in neue „Computerthomographen“?
Einschub: Ich empfehle, das h bei „thomo“ wegzulassen. Den „Schnitt“ („tomus“) schreibt man im Griechischen mit tau (t) und nicht mit theta (th).

Nach der Lektüre des Artikels kommen mir doch einige Fragen. Diese Prüfarbeit, das „Herzstück des Verbundes“, wie es im Artikel liebevoll heißt, wurde bisher von fünf eigenen Technikern erledigt. Die werden nun nicht etwa entlassen; sie müssen, heißt es, „nicht um ihre Arbeitsstellen bangen“. Das ist erfreulich. Aber man fragt sich dann schon: Woher kommt die Ersparnis? Die Personalkosten bleiben erhalten; die hinzugekaufte Firma Philips bekommt Geld für die Prüfung der Geräte; die Qualität der Wartung steigt („Betreuung unserer Patienten auf höchstem Niveau“) – und trotzdem wird alles finanziell günstiger. Das ist ein Wunder, dessen rationale Erklärung uns der Bericht versagt. Vermutlich ist es so: Die fünf Techniker haben „fallweise einen der rund 400 Hersteller mit ins Boot geholt“. Das war offenbar sehr teuer.

Die nächste Frage: Weil die Firma Philips offenbar über die Kompetenz der 400 Hersteller verfügt, kann sie jedes beliebige medizinische Gerät warten. Ein weiteres Wunder, an das man angesichts der Komplexität moderner Technik nicht so recht glauben mag. Oder müssen die Leute von Philips dann auch wieder andere „ins Boot“ nehmen, wenn es zu kompliziert wird? Und wer zahlt das dann?

Das Bonbon für Philips ist zugleich die dritte Frage: Der Technikkonzern darf „bei der Planung im Technikbereich“ beraten. Und also seine eigenen Geräte verkaufen? Aber nein, sagt der Geschäftsführer des Klinikverbunds. Wie also? Die Firma Philips empfiehlt das Gerät der Konkurrenz, weil das eigene nichts taugt? Das ist das dritte Wunder. Daran zu glauben fällt mir schwer.

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Unebene Fahrwege

Sindelfingen hat ein großes Problem: Der Stadt fehlt viel Geld. Der größte Gewerbesteuerzahler der Kommune, eine Firma, die dem Vernehmen nach besonders noble Karossen herstellt, hat es geschafft, den Sinn des Wortes Steuer umzudrehen. Nun zahlt Sindelfingen Gewerbesteuer an die Autobauer. Es handelt sich um ein Konjunkturprogramm der besonderen Art.

Wie zu hören ist, muss die Stadt zur Finanzierung dieser die Wirtschaft fördernden Maßnahme Kredite aufnehmen. Das ist nicht originell. Damit liegt sie ganz auf der Linie von Bund und Ländern. Auch die verschulden sich gewaltig, um, wie man sagt, „die Wirtschaft anzukurbeln“ (ein Bild aus der Autosprache?).

Aber die Sindelfinger Finanzfachleute haben dazu noch eine ganz besonders originelle und listige Idee: Wenn uns „der Daimler“ kein Geld gibt, so ihre Überlegung, dann lassen wir zum Ausgleich die Straßen verkommen. Es gibt eine Schlaglochtiefe, die rechtlich gerade noch erlaubt ist, das heißt die Stadt vor Strafanzeigen bewahrt. Wie tief es gerade noch geht, das wird derzeit offenbar mit Experten der Versicherungsbranche abgeklärt.

So werden also künftig die großartigen Autos mit dem Stern auf holprigen Straßen fahren müssen. Die Schlaglöcher werden zum Symbol der Löcher in der Stadtkasse. Wer sein Auto schonen will, muss langsamer fahren. Auch so kann man unsere Gesellschaft „entschleunigen“.

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Unkorrekte Schreibung 1: Roter Planet

Wir alle machen Rechtschreibfehler. In amtlichen Dokumenten sind sie zu vermeiden, in privaten Texten haben sie keine Bedeutung, in schulischen Arbeiten werden sie angestrichen, in der Zeitung finden wir sie täglich. Ein Grund sich zu ärgern? Nein, eher einer zum Schmunzeln oder Nachdenken oder dafür, die Beispielsammlung für den Rechtschreibunterricht zu erweitern.

Mein lokales Blatt, die Sindelfinger Zeitung, bringt heute (am 17.06.09) ein solches Beispiel. Auf der Seite 13 steht folgende originelle Überschrift: „Der rote Planet (gemeint ist der Mars) erreicht das Rathaus“. Das Wörtchen „rot“ ist kleingeschrieben. Stimmt das so?

Es stimmte mal. Vor der Rechtschreibreform von 1996 hat man die Farbadjektive bei Gestirnen kleingeschrieben; also war der „blaue Planet“ die Erde und der „rote Planet“ der Mars. Diese Schreibung ist nicht sinnvoll, weil inkonsequent, handelt es sich doch auch hier um „Eigennamen“, vergleichbar dem Roten Kreuz und der Blauen Mauritius. Schließlich schrieb und schreibt man in diversen geografischen, historischen und anderen Bezeichnungen von Einmaligem die Farben groß: das Rote Meer und die Rote Armee (in der ehemaligen Sowjetunion), der Blaue Nil und der Blaue Reiter (eine Gruppe von Malern), der Gelbe Fluss (damals, vor 1996, noch mit ß) und die Gelben Seiten (im Telefonbuch). Also und konsequenterweise wurde vor fast 15 Jahren beschlossen, auch dem Mars als einmaligem Planeten ein großgeschriebenes Farbadjektiv zu verordnen: der Rote Planet. Diese Festlegung hat alle Reformen der Schreibreform überstanden.

Ich will der Sindelfinger Zeitung nicht die rote Karte (oder die Rote Karte) zeigen, sondern ihr nur den Vorschlag machen: Investieren Sie in ein aktuelles Wörterbuch!