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Gesellschaft

Isolierte Alte

Eine Republik im Ausnahmezustand, im Krisenmodus, in Hysterie und Panik. Was kein Terrorist je geschafft hat, einem Virus ist es gelungen: das Land lahmzulegen, jegliche Kultur und fast allen Sport aus dem Alltag zu vertreiben. Die Kanzlerin verspricht mal wieder alles. Jedem werde geholfen, zumindest jeder Firma, jedem Arbeiter und Angestellten, keiner soll unter der Viruskrise leiden. Doch – mit Verlaub,  Frau Merkel – das Blaue vom Himmel zu versprechen ist einfach, das Versprochene zu halten aber noch selten gelungen. Aber gut, irgendwas muss man ja mit den Milliarden gebunkerter Euro anfangen. Aber was niemand mit Geld aufwiegen kann, ist die Isolation, genauer: die Stigmatisierung der Alten. Sowohl Merkel als auch (noch eindrücklicher) Kretschmann haben zum Ausdruck gebracht, dass Großeltern und Enkel einander meiden sollen, dass die Alten gefälligst zu Hause bleiben, dass sie soziale Kontakte vermeiden sollen. Warum? Damit sie nicht angesteckt werden? Das vielleicht auch, vor allem aber, dass sie nicht als Kranke die Kliniken verstopfen. Unnötige Operationen (Herz, Krebs etc.) werden verschoben. Vielleicht so lange, bis der oder die Betreffende das Zeitliche gesegnet hat. Martenstein hat in der letzten Ausgabe der ZEIT zum Glück ein tröstendes Wort gefunden: In den Kliniken sterben jährlich mehr Menschen an Krankenhausviren, als Corona jemals zur Strecke bringen kann. Jetzt versteht man auch, warum das Verfassungsgericht dieser Tage den Sterbeparagrafen außer Kraft gesetzt hat: Endlich dürfen sich vereinsamte und „lebenssatte“ (ein Wort aus dem Alten Testament) Alte selbst töten oder töten lassen. „Herrliche Zeiten“ kann man da (mit einem Filmtitel von 2018) nur sagen.

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Politik

Teure Alte

Die Alten sind und werden zunehmend mehr zum Problem, als Wähler, als Rentner, als Kranke. Die Medien stürzen sich auf das Thema, große Artikel in den Zeitungen malen Schrecken an die Wand, die sich wie Untergangsorakel lesen. Als Wähler sind die Alten ein Ärgernis, weil sie wählen. Sie gehen eher zur Wahl als die Jüngeren, also bestimmen sie auch mehr als diese die Politik in der Altenrepublik Deutschland. Wahrscheinlich wäre es besser, nur noch der Hälfte der alten Wahlberechtigten das Stimmrecht zu belassen, um diese Unwucht zu beseitigen. Als Rentner und Pensionäre sind die Alten schon länger ein Problem, weil ihre Renten und Pensionen die Renten- und Staatskassen in unziemlicher Weise belasten. Es ist eine Zeitbombe. Jedes Jahr fließt mehr Geld auf die Girokonten der Ruheständler. Und jedes Jahr bleibt weniger Geld für andere Aufgaben übrig. Kommen wird der Tag, an dem Renten und Pensionen unbezahlbar sein werden. Wahrscheinlich wäre es besser, man fröre sie auf dem Stand von 2018 ein. Dann hätten die Etats wieder mehr Luft. Es könnten Schulen und Krankenhäuser, Kitas und Straßen gebaut und repariert werden. Denn als Kranke sind die Alten das größte Problem. Je älter sie werden, desto teurer werden sie. Oft ist das letzte Lebensjahr das teuerste. Nun lässt sich dieses letzte Lebensjahr formallogisch nicht abschaffen. Aber es wäre wahrscheinlich besser, es träte früher ein. Die Alten werden immer älter, ein Trend, den es zu stoppen gilt. Die Segnungen der Medizin sind zum Fluch der Gesellschaft geworden. Es hülfe eigentlich nur, wenn man die medizinischen Ausgaben von einem bestimmten Alter an deckelte. So wüchsen sie nicht ins Unermessliche. Oder hat jemand eine bessere Idee?

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Digitalsenilität

Es gibt immer noch Menschen, die digital fasten, die auf E-Mails verzichten, auf Recherchen im Internet, auf das elektronische Buchen von Konzertkarten oder das Besuchen von Homepages und das Schreiben oder Lesen von Blogs wie den Häckerling. Je älter diese Menschen sind, desto größer ist die Zahl der Enthaltsamen. Die Gründe liegen, heißt es, im Monetären – das gilt für die Jüngeren oder Mittelalten – oder in der Scheu, sich diesem Medium anzunähern – das gilt offenbar für jene über siebzig. Von denen seien nur 30% am digitalen Draht. Auch die Angst vor Ausspähung könnte bei ihnen mitspielen.

Nun ist gegen Letztere wenig zu sagen, allenfalls, dass es auch in der realen Welt Ausspähung gibt. Die rapide Zunahme der Wohnungseinbrüche legt dafür Zeugnis ab. Aber was ist mit der Scheu? Die lässt sich leichter überwinden als die technische Hürde. Denn auch wer prinzipiell nichts gegen die elektronische Teilhabe hat und sich an ihr versucht, stößt häufig an ganz praktische Grenzen. Als da wären: Viren und Trojaner auf dem Rechner, betrügerische E-Mails, der gebotene regelmäßige Passwortwechsel, überhaupt die Fülle der Zugangsdaten und deren Verwaltung, die technische Aufrüstung der Geräte, das Einspielen aktueller Software mit immer neuen Bedienungsabläufen, die fast täglichen Updates, das hauseigene und fremde W-LAN, aber auch ein Papierstau im Drucker sowie der fehlerfreie Anschluss anderer Geräte (E-Books, Tablets, Scanner etc.).

Daran nicht zu verzweifeln gehört zu den besonderen Herausforderungen des digitalen Alltags, für alle, aber ganz besonders für Ältere. Für sie gilt: Vogel friss (die technischen Probleme) oder stirb (den digitalen Tod). Ohne kundige elektronische Paten schaffen das nur wenige.