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Gekreuzigtes Kreuz

Man kann sich ein Kreuz umhängen, als Bekenntnis oder als Schmuck. Man kann am Straßenrand oder an Feldwegen Kreuze aufstellen, weil dort ein Mensch durch einen Unfall oder einen Blitzschlag zu Tode gekommen ist. Das Kreuz ist ein Todeszeichen. Einst haben die Römer Jesus und andere politische Gegner durch Kreuzigung aus dem Verkehr gezogen. Die ersten Christen haben dieser Hinrichtung ein trotziges Nein entgegengesetzt: der gekreuzigte Jesus wurde von euch getötet, aber er ist dennoch unter uns lebendig! Sein Sterben hat ihn nicht ins Dunkel des Vergessens gestürzt, sondern erst recht zum Leuchten gebracht. Seither verbreiten die Christen das „Feuer“ des Glaubens, und zwar mit beträchtlichem Erfolg. Ist das auch die Botschaft, die künftig von den bayerischen Amtsstuben ausgehen soll? Das Kreuz im Umfeld der Bürokratie als trotziges politisches Zeichen gegen die Obrigkeit? Der Bürger, begraben unter dem Wust von Formularen, die ihn knebeln, darf auf ein Leben jenseits der öffentlichen Verwaltung hoffen? Will das politische Regime in Bayern sich damit ironisch selbst in Frage stellen? Vermutlich nein. Der Sinn ist wohl ein anderer: Wir bestimmen, wie dein Christentum zu sein hat. Wir verwalten euch und sagen euch, wie ihr zu leben habt. Wir machen Andersgläubigen schon beim Eintritt ins Verwaltungsgebäude klar, was sie bei uns erwartet: Ablehnung. Wer nicht unserer katholischen Einheitskultur entspricht, hat bei uns nichts zu lachen. Häckerling nennt das einen „Missbrauch des Kreuzeszeichens“. Hier wird Schindluder mit einem komplexen Symbol getrieben. Es sind die vermeintlichen Anhänger des Christentums, die seinen Niedergang befördern.

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Die Bayern und die Punkte

Warum sollten wir uns aufregen über diese Tat, die eines cleveren Lehrers würdig wäre? Die machen es nämlich schon immer so, manche wenigstens. Wenn eine Arbeit schlecht auszufallen droht, dann verteilen sie entweder die Punkte großzügiger als ursprünglich geplant oder sie verschieben die Grenze von „ausreichend“ so, dass der Mittelwert gerade noch etwas drüber liegt. Derlei passiert in deutschen Schulklassen schon mal. Und weil es keinen Richter gibt, wo kein Kläger ist, bleibt es ungeahndet.

Also was ist schlimm daran, wenn ein Politiker (in Bayern) Ähnliches macht, wenn er, um ein allzu schlechtes Ergebnis beim G-8-Abitur zu verhindern, die Bedingungen vor dem Abschluss der Prüfung ein bisschen günstiger gestaltet? Wer kommt dabei zu Schaden? Die Schüler gewiss nicht, denn die haben einen Vorteil. Die Eltern freuen sich, dass die Sache Abitur des Sprösslings nochmals glimpflich abgegangen ist. Die Partei (die CSU) bekommt weniger Druck wegen des G-8-Murkses. Und die Lehrer müssen weniger schlechte Nachrichten verkünden, weil manche Schüler es doch noch schaffen. Also eine klassische Win-Win-Situation?

Einen Haken hat das Ganze doch. Was haben künftig Spielregeln bei Prüfungen noch für einen Wert, wenn sie „im Notfall“ geändert und den „Verhältnissen“ angepasst werden? Alle kommenden Jahrgänge beim Abitur werden wissen, dass es ein Netz gibt, das sie fürsorglich auffängt, wenn das Ganze nicht so gut gelaufen ist wie erhofft.

Oder habe ich nur noch nicht verstanden, dass es zum Selbstverständnis von „Vater Staat“ gehört, sich liebevoll um seine Kinder zu kümmern und dabei wenn nötig kleinliche rechtliche Bedenken außer Acht zu lassen?