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Wohlige Antriebsschwäche

Deutschland verspielt die Zukunft oder Das Ende einer Märchenzeit, man könnte es so ausdrücken, das Aus der Nationalmannschaft bei der WM in Russland. Dann klänge es aber sehr allgemein, politisch, gesellschaftskritisch, und es läge die Unterstellung darin, dass uns nicht nur fußballerisch schlecht, sondern ganz allgemein schlecht geht. Doch es fällt schwer, das Spiel von Kasan nicht als Symbol zu nehmen. Was da sich auf dem Platz bewegte, das war das gegenwärtige Deutschland: behäbig, satt, ohne Elan, langsam, ohne Ideen, wie gefesselt, doch in dem Gefühl, die Besten zu sein. So kann man nicht gewinnen, so verspielt man tatsächlich seine Zukunft, nicht nur in einem Turnier, sondern auch global. Häckerling kommt sein Land vor wie der gefesselte Gulliver, fest verschnürt, bewegungslos, statisch. Man lebt von den großen Taten der Vergangenheit, von Reformen, die alte Fesseln zum Reißen brachten und die man jetzt diffamiert. Dabei kamen dadurch viele Menschen in Arbeit. Sie wurden von den Fesseln der staatlichen Leistungen befreit und zu eigenverantwortlichen Bürgern. Die Fußballmannschaft spielt nach einem System, das früher Erfolg bescherte. Jetzt haben wir die Bescherung: das System ist nicht mehr zeitgemäß. Die Zeiten wandeln sich, tempora mutantur, wer stehen bleibt, fällt zurück – eine uralte Banalität. In der nächsten Zeit werden wir das Wort vom „Prüfstand“ hören, auf den alles müsse. Doch dieses Bild ist nach dem Dieselskandal obsolet. Halten wir es lieber mit Paulus, der empfohlen hat, alles zu prüfen (nicht im Labor, sondern in der Wirklichkeit), und das Gute zu behalten. Aber werden wir das Gute, das Richtige, das Zukunftsträchtige erkennen? Werden wir stark genug sein, die Sommermärchenzeit hinter uns zu lassen? Oder wird die Beharrlichkeit dieser gefesselten Republik sie weiter in Wohlfühlschwäche dahindämmern lassen?

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Rechtsruck

Es ist mit Händen zu greifen: Das Land bewegt sich politisch nach rechts. Die Zeitung titelt heute, dass große Teile der Christlich-Demokratischen Union (CDU), angeführt von einem Adligen (von Stetten) zu Anhängern Seehofers geworden sei. Gestern war zu lesen, dass die einstige Vertriebene, die CDU-Politikerin Steinbach, gegen die Politik der Kanzlerin zu Felde zieht – und das, obwohl sie, wie sie beteuert, Frau Merkel liebe. Umfragen werden zitiert, die deren Umfragewerte und die ihrer Partei als im Sinkflug begriffen beschreiben. Dafür gewinnen AfD und Pegida an Zuspruch. Wir nähern uns offenbar den Europäern an, auch in der neuen Liebe zu den Rechtskonservativen. Für einen noch größeren Zuspruch fehlt wohl nur der geeignete Führer, ein Orban, Kaczynski oder Wilders oder eine Le Pen. Aber vielleicht tut es auch Frau Petry. Ich maße mir keineswegs an, diese Entwicklung zu leugnen, verhehle aber nicht, dass sie mir Sorgen bereitet. Wenn das Land schon bei prosperierender Wirtschaft, steigenden Löhnen und Renten zu den schönen Parolen der Nationalisten flüchtet, wie wird das erst werden, wenn die ökonomischen Daten schlechter werden, die Zahl der Arbeitslosen wieder steigt, wenn Griechenland zu teuer wird, wenn der Wandel des Klimas ernsthaft zu spüren ist, wenn wir eine Energiekrise bekommen oder wenn die von der EZB herbeigesehnte Inflation heftiger als gewünscht ausfällt? Es wurde uns immer eingeredet, Deutschland sei eine stabile Demokratie, die kein Wind so schnell umblase. Es zeigt sich nun, dass dem nicht so ist. Auch hier werden die Gruppierungen vom rechten (und bald auch vom linken) Rand Honig aus der Krise saugen. Die Schlägertrupps und die Brandstifter rüsten auf. Den verbalen Faschisten muss man bereits das Kommentieren erschweren. Der Rassismus wird salonfähig. Es gibt inzwischen genügend Ausländer, die man zu Sündenböcken erklären und attackieren kann. Deutschland ist offenbar tatsächlich überfordert, ein wenig bei der Logistik der Flüchtlingsunterbringung, aber viel mehr bei der Bewahrung demokratischer Gelassenheit.

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Abgasgeber

Da waren wir doch gerade mal für ein paar Tage auf der Sonnenseite. Nach den düsteren Wochen als Griechenland-Quäler bekamen „die Deutschen“ ein wenig Lob für ihre Willkommenskultur. Und nun das: Der Konzern, der schon durch seinen Namen das Volk zu repräsentieren vorgibt, wird als kriminelle Vereinigung entlarvt. Absichtlicher Betrug am Autofahrer lautet der Vorwurf. Die finanzielle Seite des Desasters wird groß sein. Aber die Aktionäre werden es überleben und die Kasse der amerikanischen Steuerbehörde wird es freuen. Was mich persönlich viel mehr ärgert: Mein ganzes Autofahrerleben habe ich auf VW gesetzt. Im Vertrauen darauf, dass diese Firma zwar keine aufregenden PKW produziert, aber doch grundsolide. Kein Daimler kam je in Frage, schon gar nicht ein Ford oder Opel. Und auch kein Japaner, schließlich will man die heimische Wirtschaft stärken. Das alles stellt sich nun als große Täuschung und Enttäuschung heraus. Ich bin auf Trickser hereingefallen, auf Leute, die Deutschlands guten Ruf bedenkenlos aufs Spiel setzen, denen der Profit über alles geht. Die Volkswagenleute haben es gewagt, das Volk nach Strich und Faden zu betrügen. Das wird dem Ruf des Landes mehr schaden als der braune Mob, der sich wieder aus den Löchern traut. Haut ab, ihr korrupten VW-Manager, gebt Gas beim Rücktritt!