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Familienfeindliche Sturheit

Der grüne Minischerterpräsident verstand nicht einmal die Frage. Als ihn Jessy Wellmer im ARD extra auf die Probleme der Familien ansprach, die nun schon seit Wochen Homeoffice und Kinderbetreuung vereinbaren müssen und nun vielleicht wieder zur Arbeit gehen dürfen, die Kinder aber zu Hause lassen müssen, da blieb Herr K. stur: Nur wer in systemrelevanten Berufen arbeite, dürfe seine Kinder in die Notbetreuung der Kitas oder der Schulen geben. Wenn wir das für alle öffnen, die nicht wissen, wie sie Beruf und Kinderbetreuung vereinbaren sollen, weil Kitas und Grundschulen geschlossen sind, dann können wir die ja gleich wieder ganz öffnen. Genau, Herr K., das ist das Problem. Wer seiner Kinder wegen nicht zur Arbeit gehen kann, den Urlaub aber längst ausgeschöpft hat, muss sich arbeitslos melden. Ist das gemeint? Aber das widerspricht ja der politischen Parole, man wolle die Arbeitsplätze sichern. Das also sind die „Opfer“, die Familien bringen sollen: Verlust des Arbeitsplatzes, also finanzielle Einbußen, Kinder, denen Hospitalismus droht. Die naheliegende Lösung, das Zurückgreifen auf die Großeltern, ist ja ebenfalls sanktioniert. Da müsst ihr euch etwas einfallen lassen, verehrte Verantwortliche. Die kleinen Kinder müssen zurück in die Kitas, die Grundschulen wieder mit dem Unterricht beginnen. Natürlich unter erhöhten Sicherheitsauflagen. Aber die vorzubereiten hätten die Kommunen Zeit genug gehabt. Aber die hat man vertrödelt mit Bastelaktionen und läppischen YouTube-Ansprachen an das Volk. Heute wird gemeldet, die Reproduktionsziffer liege inzwischen bei 0,7. Ursprünglich hatte man von 1,0 geredet als dem Grenzwert, der Lockerungen ermögliche. Wie tief soll er noch sinken?

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Der Protestantismus und die Familie

Sie wollen die Familie verteidigen, die Rechtgläubigen in der evangelischen Kirche Württembergs, vorneweg ihr Bischof July. Aber welche Art von Familie meinen sie? Wahrscheinlich jene mit Mutter und Vater und zwei Kindern. Die leiten sie „aus der Bibel“ ab und werfen der neuen EKD-Schrift „Familie als verlässliche Gemeinschaft“ vor, sie tue das nicht, sondern öffne anderen sozialen Lebensweisen Tür und Tor. Das tut sie allerdings, wobei man diesen neuen Formen keine Tür mehr öffnen muss; sie sind schon da.

In besagter Studie steht unter anderem: Eine breite Vielfalt von Familienformen ist, historisch betrachtet, der Normalfall. Das heute von den Frommen so hoch gehaltene Familienideal habe sich erst im 18. Jahrhundert entwickelt. In der Familienschrift wird auch festgestellt: Ein normatives Verständnis der Ehe als ‚göttliche Stiftung‘ und eine Herleitung der traditionellen Geschlechterrollen aus der Schöpfungsordnung entsprechen nicht der Breite des biblischen Zeugnisses. Was ist falsch an dieser Aussage? Was weiß der württembergische Bischof, was die EKD-Sachverständigen nicht wissen?

Dass auch der Kommentator der Stuttgarter Nachrichten sich letzte Woche in den Chor derer eingereiht hat, die der evangelischen Kirche raten, mehr (konservative) „Kante zu zeigen“, und mit Bedauern konstatiert, die Evangelischen hätten keinen Papst, der ihnen die Linie vorgibt, irritiert mich. Bisher, so dachte ich, dürfen Protestanten selber denken. Auch der Bischof July darf das und seine konservativen Adepten dürfen es auch. Aber ich erlaube mir trotzdem, jener Position zuzuneigen, die der künftige Landesbischof von Baden geäußert hat. Er hat die EKD-Schrift gelobt. Auch ich finde sie lobens- und lesenswert.

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Phantome und Gutachten

Die Familienpolitik bewegt sich in Richtung Wahlkampf. Der SPD-Kanzlerkandidat hat ein Programm verkündet, durch das künftig alles besser werden soll. Denn das viele Geld (von 200 Mrd. Euro ist die Rede), das wir derzeit sinnlos ausgeben, soll nach seinen Vorstellungen in die Verbesserung der Strukturen fließen, vor allem in die Kindertagesstätten. Das klingt gut. Es wird sicher viele kinderlose Ehepaare endlich zum Elternwerden verführen. Die bisherige Förderung der Familien hatte nicht diese fruchtbare Wirkung.

Das sagt, sagt Steinbrück, ein Gutachten, welches die Bundesregierung in Auftrag gegeben hat. Es teile mit, man könne die ganz bisherige Familienförderung in die Tonne werfen, das Kindergeld vor allem und das Ehegattensplitting ganz besonders, das neue Betreuungsgeld sowieso. Was der Steinbrück alles weiß! Man muss wohl sagen, er weiß es schon. Denn andere wissen es noch nicht. Die Familienministerin zum Beispiel hat keine Ahnung davon. Aus ihrem Haus kommt die Nachricht, man kenne das Ergebnis des Gutachtens nicht. Ein Zwischenbericht liege dort nicht vor.

Was für ein Skandal! Da wird im Rundfunk den ganzen Tag vom gutachterlich bestätigten familienpolitischen Offenbarungseid geredet, in allen Nachrichten, auf allen Kanälen – und da wissen die Auftraggeber nichts davon! Liegt es daran, dass sie am Wochenende nicht alle eingehenden Mails gelesen haben? Oder ist hier ein Phantom in die politische Szene eingeschleust worden, das Phantom eines Gutachtens, das nur Auserwählten, Steinbrück zum Beispiel, zu erscheinen geruht? Immerhin: Er weiß alles und sogar besser.