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Geld oder Leben

In den einfachen Raub-Geschichten hält einer, in der Regel ein armer Mensch, einem anderen, mutmaßlich reicheren, eine Waffe entgegen und stellt ihn vor die Alternative, zu zahlen oder sein Leben zu riskieren. Der Bedrohte hat meistens keine Wahl. Wenn er die Drohung ernst nimmt und ihm an seinem Leben liegt, es ihm gar lieb ist, muss er zahlen. Und das tut er dann auch.

Unsere Geschichte mit den Griechen ist nicht so einfach. Es wird keine Waffe gezückt und es geht auch nicht ums Leben. Oder vielleicht doch? Ist nicht die Waffe der drohende Staatsbankrott der Hellenen und steht nicht, wenn der eintritt, unsere Lebensqualität auf dem Spiel? Offenbar deuten wir es so, denn an der liegt uns viel. Und daher zahlen wir auch. Also ist es doch eine einfache Geschichte?

Wenn man etwas genauer auf das hört, was die Ökonomen sagen, so ist es die Geschichte nicht ganz so einfach. Dass die Griechen hoch verschuldet sind, liegt sicher zu einem nicht geringen Teil an ihnen selbst und ihrer Art zu wirtschaften. Aber mitgeholfen haben auch andere. Die Finanzkrise hat bekanntlich nicht in Athen ihren Anfang genommen. Und dass deutsche Banken zig Milliarden Euro bei den Griechen „gut“ haben und nun zu verlieren drohen, wurde eher am Main denn am Golf von Korinth entschieden. Wenn Häckerling die Geschichte richtig versteht, so retten wir diese deutschen Banken (und den Euro, unseren Exportgaranten), wenn wir die Griechen retten.

Nun könnten uns normal Sterbliche sowohl die Hypo Real Estate als auch die Commerzbank völlig egal sein. Sie können es aber nicht, denn wenn die kollabieren, dann droht unser gesamtes Finanz- und Wirtschaftssystem zu bröckeln, sagt man. Und wenn das stimmt, was zu beweisen oder zu widerlegen unsereinem nicht möglich ist, dann geht es letzten Endes bei der griechischen Frage doch um unser eigenes Leben und damit unsere deutsche Lebensqualität. Oder habe ich da etwas nicht verstanden?

(Blog-Eintrag Nr. 177)

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Unstimmige Metapher 3: Achterbahnfahrt

Wer eine Acht schreibt, fängt in der Regel rechts oben an, fährt nach dann nach oben und anschließend s-förmig nach unten; dann aber geht es in Kurven wieder aufwärts bis zum Anfang. Die Acht ist eine runde Sache Die Achterbahn hat mit der Acht nur wenig gemeinsam: Am Anfang wird man nach oben gezogen, dann geht es wieder nach unten, allerdings nicht gleichförmig, sondern im Wechsel von Ab und Auf. Am Ende ist man wieder unten, in etwa dort, wo man gestartet ist.

Das finanzielle Wechselbad der Sindelfinger Stadtfinanzen wird derzeit gerne mit einer Achterbahnfahrt verglich. So am 25.07.09 vom Chefredakteur der lokalen Zeitung. Er nimmt es zum Anlass, über eine Abkehr von der Gewerbesteuer als Quelle der kommunalen Finanzen nachzudenken. Das geschieht im Übrigen schon lange. Auch die FDP macht sich für eine Reform stark. Die hat natürlich nur in Krisenzeiten wie diesen eine Chance.

Aber stimmt das Bild von der Achterbahnfahrt? Es wäre zu schön; denn dann wäre man am Ende wieder da, wo man angefangen hat, könnte also gut kalkulieren. Aber welchen Punkt nehmen wir bei den Gewerbesteuereinnahmen der Stadt als Startpunkt? Den unten, als die Sindelfingen eher arm war, oder den oben, als sie vom Steuersegen schier erdrückt wurde?

Was die Kommentatoren sagen wollen: Die Steuereinnahmen sind von Jahr zu Jahr unterschiedlich: mal höher, mal niedriger. Mal geht es aufwärts und es kommt mehr Geld in die Kasse, als man erwartet hatte; mal geht es abwärts mit den Einnahmen, und das geschieht leider oft ziemlich unerwartet. Und damit lässt sich nicht solide kalkulieren. Es fehlt die sichere Planungsgrundlage.

Eine Achterbahnfahrt geht schnell vorüber. Sie ist für solche, die es mögen, ein Vergnügen, für das sie auch gerne zahlen. Für Sindelfingen ist die Finanzlage kein Vergnügen, sondern ein teurer Spaß. Am Ende einer Achterbahnfahrt befindet man sich wieder am Boden. Sindelfingen ist auch am Boden – auch auf dem Boden der Tatsachen?

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Unglaubliche Bankprognosen 1: Perspektiven ins Minus

Wer ein Depot bei der Baden-Württembergischen Bank hat, erhält zum Jahresbeginn (kostenlos!) eine Hochglanzbroschüre, in der den Kunden „Perspektiven“ fürs kommende Jahr aufgezeigt werden.

Dort findet man kluge Ratschläge, zum Beispiel (im Heft 2007) die Empfehlung, zur Alterssicherung am besten in Aktien zu investieren. Das sei gut, „weil Aktien langfristig die höchsten Erträge bringen.“ Aha. Wer diesen Rat 2007 und 2008 befolgt hat, musste allerdings teuer dafür bezahlen. Denn die Aktien brachten bekanntlich keine Erträge, sondern Verluste.

Auch im Heft „Perspektiven 2008“ haben die Berater der BW-Bank Erfreuliches in Aussicht gestellt. Zwar sei die Subprimekrise „noch längst nicht beigelegt“, dennoch sollte im Aktiendepot am Jahresende 2008 „zumindest ein kleines Plus zu Buche stehen“. Die armen Irrenden. Und die armen Bankkunden, die auf diesen Tipp gesetzt haben. Denn statt eines kleinen Plus gab es bekanntlich ein sehr großes Minus.

In der Broschüre für 2009 werden die Aussagen vorsichtiger. Man gibt kleinlaut zu, dass „sich viele Anlageregeln im letzten Jahr (2008) nicht bewahrheitet haben“. Das habe zu bedauerlichen Verlusten geführt. Der Rat der BW-Bank: Wenden Sie sich an unsere Berater! Sind die nun aus Schaden klug geworden?

Und noch eine Prophezeiung findet sich für 2009 (auf Seite 4): Das Bruttoinlandsprodukt werde, so prognostizieren die BW-Bänker, in Deutschland um 1,2% sinken. Schon wieder so ein unglaublicher Irrtum. Die Frühjahrsdiagnose der Bundesregierung rechnet bekanntlich mit minus sechs Prozent.