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Die Finanzkrise und die Sparer

Ein bisschen lustig ist es schon, wenn mir „meine Bank“, die BW-Bank, die aber nicht mein Eigentum ist, eine „attraktive Verzinsung“ meiner kurzfristigen Spareinlagen verheißt: 0,3% gibt es auf dem Cash-Konto. Sollte ich mehr als 10000 Euro anlegen, steigt die Verzinsung auf sagenhafte 0,8%.

Da wird man ein bisschen nachdenklich. In den guten alten Zeiten glich der Zinssatz der normalen Spareinlagen wenigstens die Inflation aus. Nun ist eine Verzinsung, bei der das Geld an Wert verliert, bereits „attraktiv“. Ergo: Ich muss mich bei der BW-Bank dafür bedanken, dass sie mir einen höheren Verlust „erspart“. Ein erstes Dankeschön also.

Der Nachdenklichkeit zweites Ergebnis ist die Erkenntnis, dass ich mit dieser „attraktiven“ Verzinsung meines Geldes offenbar einen wertvollen Beitrag zur Finanzierung der Bank in der Finanzkrise leiste. Der Wert meines Geldes sinkt, die Gewinne der Bank steigen. Dadurch wird sie (hoffentlich) stark genug, um den Wirren des Finanzmarkts zu trotzen. Wer eine Bank so erfolgreich führt, indem er den Wert meines Geldes schrumpfen und die eigenen Gewinnen steigen lässt, hat ein hohen Bonus verdient. Noch einmal Danke, dass ich bei der Finanzierung helfen darf.

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Unebene Fahrwege

Sindelfingen hat ein großes Problem: Der Stadt fehlt viel Geld. Der größte Gewerbesteuerzahler der Kommune, eine Firma, die dem Vernehmen nach besonders noble Karossen herstellt, hat es geschafft, den Sinn des Wortes Steuer umzudrehen. Nun zahlt Sindelfingen Gewerbesteuer an die Autobauer. Es handelt sich um ein Konjunkturprogramm der besonderen Art.

Wie zu hören ist, muss die Stadt zur Finanzierung dieser die Wirtschaft fördernden Maßnahme Kredite aufnehmen. Das ist nicht originell. Damit liegt sie ganz auf der Linie von Bund und Ländern. Auch die verschulden sich gewaltig, um, wie man sagt, „die Wirtschaft anzukurbeln“ (ein Bild aus der Autosprache?).

Aber die Sindelfinger Finanzfachleute haben dazu noch eine ganz besonders originelle und listige Idee: Wenn uns „der Daimler“ kein Geld gibt, so ihre Überlegung, dann lassen wir zum Ausgleich die Straßen verkommen. Es gibt eine Schlaglochtiefe, die rechtlich gerade noch erlaubt ist, das heißt die Stadt vor Strafanzeigen bewahrt. Wie tief es gerade noch geht, das wird derzeit offenbar mit Experten der Versicherungsbranche abgeklärt.

So werden also künftig die großartigen Autos mit dem Stern auf holprigen Straßen fahren müssen. Die Schlaglöcher werden zum Symbol der Löcher in der Stadtkasse. Wer sein Auto schonen will, muss langsamer fahren. Auch so kann man unsere Gesellschaft „entschleunigen“.